Autor

Albert Drach

*17. Dezember 1902 Wien, †27. März 1995 Mödling, Erzähler, Lyriker und Dramatiker. Von Beruf Rechtsanwalt, wurde er erst im Alter als Schriftsteller bekannt, obwohl viele seiner Werke bereits vor 1938 entstanden waren. Verwendete die Kanzleisprache als humoristisch-verfremdendes Kunstmittel. Georg-Büchner-Preis 1988.

Werke: Romane und Erzählungen: Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum, 1964; Die kleinen Protokolle und das Goggelbuch, 1965; Untersuchung an Mädeln, 1968; Ja und Nein, 1992. – Autobiographie: Unsentimentale Reise, 1966; „Z. Z.“ das ist die Zwischenzeit, 1968; Das Beileid, 1993. – Dramen: Marquis de Sade, 1929; Das Spiel vom Meister Siebentot, 1965; Das Aneinandervorbeispiel und die inneren Verkleidungen, 1966. – Ausgabe: Gesammelte Werke, 8 Bände, 1964–72. Büchnerpreis 1988 für das Gesamtwerk.

Albert Drach über Albert Drach
Geboren am 17. 12. 1902 in Wien, ging mit seiner Mutter und seiner Schwester im Alter von fünfeinhalb Jahren auf Urlaub nach Lunz am See, befand sich mit einem Kindermädchen unmittelbar am Schilfgürtel des Sees, als die Leiche eines ertrunkenen Betrunkenen mit den Worten „ho-ruck“ auf einen Leiterwagen geworfen wurde.
Das Kind erkundigte sich bei seinem Vater, der kurzfristig ebenfalls auf Urlaub kam, ob man dem Tod, der ihm so grauenhaft vor Augen geführt wurde, entgehen könne. Sein Vater behauptete, es sei dies bei den Künstlern möglich, wobei er vorerst an die Komponisten dachte, da seine erste Frau eine Komponistin war, dann an die Bildhauer, weil sein Freund Tilgner, der auch das Denkmal der Kaiserin Elisabeth gemacht hat, eine Büste seiner Frau bewerkstelligt hatte, schließlich an die Maler, mit deren einigen er befreundet war. Ganz am Schluß kamen die Dichter. Er kannte nur einen einzigen, das war der Librettist Beda. Drach versuchte sich sofort in allen Künsten, versagte aber in den drei erstgenannten. So blieb ihm nichts anderes übrig, als Dichter zu werden. .
Er schrieb schon in der Volksschule eine Anzahl von Versgefügen, deren eines im „Neuen Wiener Journal“ ohne Altersangabe veröffentlicht war. Ab seinem 15. Lebensjahr wurde ständig, meist in der Sonntagsnummer, ein Versgefüge von ihm gebracht. Alle zusammen, so wie sie zwischen 14 und 16 entstanden waren, kamen 1919 in Zürich heraus. In der Folge schrieb er auch Theaterstücke. 1922 bis 1926 das „Passionsspiel von der Lüge und Lächerlichkeit“, 1926 bis 1927 das „Satansspiel vom Göttlichen Marquis“, das über Veranlassung von Wildgans von ihm „Marquis de Sade“ genannt wurde.
Drach wandte sich im Jahr 1938 ins Ausland, landete schließlich in Frankreich, gelangte am Schluß nach Nice, schrieb einen neuen dritten Akt für das „Satansspiel“.
Sodann schrieb er auf dem Boulevard Gambetta, und zwar schräg gegenüber der Stelle, an der der Frauenmörder Landru zwei seiner Opfer ermordet und verbrannt hatte, innerhalb von 5 Monaten „Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum“.
Er hatte das 1946–47 geschriebene Werk „Unsentimentale Reise“ nach Amerika gesandt, wo es damals kein Interesse fand, während es jetzt nach seiner englischen Übersetzung den englischen Verleger sogar veranlaßte, in Erwägung zu ziehen, den Nobel-Preis für ihn zu verlangen. „Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum“ erlitt 16 Ablehnungen. Es wurde aber schließlich 1962 von einem Verleger angenommen und mit diesem Werk 1964 eine Werkausgabe begonnen, von der in der Folge 8 Bände erschienen sind.
Diese 8 Bände, die ursprünglich großen Erfolg hatten, waren bereits fast vergessen, als der Hanser Verlag sich im Jahre 1988 um Bücher des Autors bewarb, zuerst die „Unsentimentale Reise“ herausbrachte, dann „Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum“, „ZZ das ist die Zwischenzeit“ und zuletzt eine seiner meistbekannten Schriften, „Untersuchung an Mädeln“, ein Kriminalprotokoll. Die Herausgabe der Bücher wird fortgesetzt.
Albert Drach ist seit dem November 1983 erblindet. Bis dahin hatte er in Mödling den Beruf eines Rechtsanwaltes ausgeübt, obwohl immer seine literarische Tätigkeit für ihn die Hauptsache war. Nur mußte er auch für eine Familie sorgen und dazu reichten seine Einnahmen aus seiner Berufung nicht aus. Er erhielt eine Anzahl von kleineren und mittleren Preisen in Österreich und den höchsten deutschen Literaturpreis von der Akademie noch im Jahre 1988 für sein Gesamtwerk: seither noch einige Auszeichnungen in Österreich. Er ist bisher in 5 Sprachen übersetzt, zuerst ins Tschechische, dann ins Italienische, Französische, ins Englische und nunmehr auch ins Spanische. (Gekürzt)

Marie-Thérèse Kerschbaumer über Albert Drach
Am Anfang, ein frühes altes Kind, ein puer senex, ein Genie, wie Hofmannsthal, nein anders, ein junger Greis, so weis’ und derb, so herb verderbt, nein, anders! Ein Knabe, der dem Laster des Lesens frönt und früh der frommen Blasphemie des Donatien Alphonse François Marquis de Sade, wie sage ich, erlag, um sogleich wieder aufzustehn und sie aufzuheben und hineinzunehmen in seine Welt. Er nahm den anderen Weg im jungen Wien, nicht das Mysterienspiel, nicht das Kammerspiel, nein, das Kasperlspiel, das kalte Spiel, der Puppen und von Leuten, die alte Kinder, hölzern’ Masken sind, die Lügen jagen und Fragen fragen und alles sagen, was zu sagen ist.
Anders als alle, dennoch in der Linie Nestroy, Volksstück und das Doppelerbe aus deutscher und romanischer Plebejer und gelehrter Tradition. Sprachspiel, Satire, kalte Beiläufigkeit aus Wut aufs Böse, auf die Welt, die man so deutlich sieht und kennt, und wütend nennt – und liebt.

Am Volkstheater
„Das Kasperlspiel vom Meister Siebentot“, 1993/94

  

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