2002/03
Haupthaus |
Doppelgänger Premiere 31. Dezember 2002 Die „Krönung der Kabarett-Karriere“ (Der Standard) schien für Andreas Vitásek bereits mit dem letzten Programm "Pscht!", einer "wahrhaft virtuosen Variante des Kabaretts" (Der Standard) erreicht. Im letzten Jahr gönnte er sich daraufhin eine kleine Pause vom Kabarett und widmete sich mehr seinen Film- und Bühnenprojekten. Im Herbst 2002 kehrte er mit dem neuen Programm „Doppelgänger“ auf die Kabarett-Bühne zurück und überbot sich laut Kritik selbst. Der Premierenapplaus war riesig und das Programm ist ausverkauft. Tiefgründige Höhenflüge: Andreas Vitásek glänzt in seinem neuen Programm über „Doppelgänger“: Ein solches Glück muss man erst einmal haben: Dass der Haider nicht den Hussein getroffen hat, sondern nur dessen Doppelgänger. Und dass dieses Täuschungsmanöver bekannt wird, just wenn man über einem neuen Programm mit dem längst fixierten Titel Doppelgänger brütet. Da spielt es dann gar keine Rolle, wenn man eine Nummer über die Regierung wegwerfen muss, weil inzwischen „die Schlacht am Knittelfeld“ stattgefunden hat: Andreas Vitásek erzählt den Inhalt mit größtem Bedauern ohnedies nach. Zumindest bei der Premiere im Kagraner Orpheum. Und er verheddert sich. Denn dass Mathias Reichhold werden würde, was er nun ist, hätte Vitásek kaum ahnen können, als er den Text schrieb. Der Klon und seine CD: „Doppelgänger“: Andreas Vitasek virtuos neu: Die „Schlacht am Knittel-Feld“ hat Opfer gefordert. Auch Kabarettist Andreas Vitasek musste den FP-Querelen Tribut zollen: Eine Nummer seines neuen Soloprogramms „Doppelgänger“ hat er geschmissen. Schweren Herzens. Weil sie supergut war, mit Jörg und Susanne im Auto. Leider: Schnee von gestern. Apropos. Den mittlerweile erwachsenen Sohn klärt er über Drogen auf, kramt in seiner Erinnerung. Vom Band kommt der Uralt-Hadern „Spirit In The Sky“, Zuckungen an der imaginären Stromgitarre. Überhaupt betreibt der exzellente Schauspieler und (philosophische) Schmähbruder Artenschutz: Er spielt eine Autofahrernummer (diesmal nicht im Taxi) mit einer Autostopperin, um seine legendäre Tod-Puppe zu reanimieren. Virtuos. Weitere Vitaseksche Existenzfragen: Was machen Freie Radikale im Blutbild? Will der Doppelgänger die ORF-Gebühr nicht zahlen? Und wer wünscht sich die Hansi-Hinterseer-CD zu Weihnachten? Zweifelnde Zwiegespräche mit einem Zündholz: Andreas Vitasek präsentiert sein Programm „Doppelgänger“ im Orpheum: „Ich hab Ihnen schon viel zu viel über mich erzählt“, sagt Andreas Vitasek am Ende seiner neuen Show. Seine Stimme klingt plötzlich klein, der Premieren-Applaus hingegen riesig. Gern hätte man sich noch weiter erzählen lassen – von den depressiven Delphine, beispielsweise, die nach ihren „Flipper“-Auftritten immer so schlecht gelaunt sind. Oder von den Zündhölzern, die – vorausgesetzt, man hat gerade einen LSD-Trip geworfen – ihre Köpfe aus der Schachtel erheben und sich über ihre beengte Lage beschweren. Oder wie das so ist, dieses Mannesalter, „in dem man keinen Sex mehr hat, aber noch nicht Golf spielt.“ Egal, ob es sich um die Befindlichkeit depressiver Delphine oder seiner verdörrenden Zimmerpflanze handelt – Andreas Vitasek hat die wunderbare Gabe, immer radikal persönlich zu erzählen. Der Programmtitel „Doppelgänger“ spielt daher nur recht lose mit dem alten Topos von „ich ist ein anderer“. Dieses philosophische Problem der Selbstentfremdung betrifft beispielsweise auch „Kommissar Rex“, der, so der Kabarettist, von fünf Hunden dargestellt wird („deshalb ist die Serie auch so unbeliebt bei Schäferhunden. Die kennen sich nämlich nicht mehr aus“). Es betrifft auch Jörg Haider, der ebenfalls fünf Doppelgänger habe – „wenn auch unkoordiniert“. Oder Herrn Vitasek selbst, der sogar einen Doppelgänger entdeckte, der ihm nicht einmal ähnlich sieht. Im ersten Teil seines Programms noch etwas verhalten, im zweiten dann umso stimmiger, entzündet Vitasek seinen Humor an den Trivialitäten einer Hansi-Hinterseer-CD ebenso wie an den großen Lebensfragen („Warum ist die Liebe nie da, wenn man sie braucht?“). Vitasek geht nicht nur gewandt mit Worten um. Er kann sich seinen Arm wie einen Schal um den Hals werfen, zugedröhnt zu Pink Floyd tanzen oder als trockene Pflanze verenden. In einem fingierten Zwiegespräch mit seinem Sohn klopft er sich auf Jugenderinnerungen ab und balanciert manchmal am Rande der Nostalgie herum, reißt sich aber immer wieder in selbstmitleidlose Komik zurück. Die Trauer über gescheiterte Beziehungen und sonstige Verpfuschungen („Wenn man wirklich allein ist, freut einen das Alleinsein nicht mehr“), sitzt schließlich in einer Autofahrt auf seinem Nebensitz und endet im Total-Crash. „Endnummernmäßig kein Populist“, wird Vitasek zum Schluss immer melancholischer. Zum Glück gibt es die Hans-Moser-Zugabe „Sperrstunde“, die durch genialisches Nuscheln die traurigen Nebel verscheucht. |