Der Drang
von Franz Xaver Kroetz
Österreichische Erstaufführung
Premiere 8. November 1995
Mit
Ludwig Hirsch (Fritz)
Brigitte Neumeister (Hilde)
Michael Rastl (Otto)
Viktoria Schubert (Mitzi)
Inszenierung: Rudolf Jusits
Ausstattung: Gera Graf
Der Schauplatz: eine Friedhofsgärtnerei; vier Personen: voneinander abhängig, in nahezu tödlicher Konstellation aufeinander bezogen; vereinzelt aber auch und einsam in ihrer Sehnsucht nach der Fülle des Lebens, die ins Leere stößt und an die Grenzen, die in dieser Gesellschaft, die geprägt ist von der Tradition der Leibfeindlichkeit und vom Druck, Identität durch Leistung zu gewinnen, unerbittlich gezogen sind: an die Grenzen der ,Normalität‘. Otto und Hilde sind die Besitzer der Gärtnerei; das Unternehmen floriert; aber ihre Ehe ist nicht mehr als eine Interessensgemeinschaft, und Otto sieht sich genötigt, weil Hilde nach getaner Arbeit am Abend immer ,zu müde‘ ist, sich als ,Oberpflanze‘ in seiner Gärtnerei ebenfalls intensiv zu begießen: mit Bier jedoch – kein adäquates Mittel gegen den ,Drang‘. – Mitzi, Angestellte in der Gärtnerei, ist für diese ein Glücksfall, weil sie bei den Pflanzen eine gute Hand hat und bei den Kunden das immer richtige Gespür; aber sie lebt vereinsamt, eingezogen, ein ,spätes Mädchen‘, schon resigniert. – Fritz, Hildes Bruder, der ,Perverse‘: Er ist zwei Jahre im Gefängnis gewesen und findet übergangsweise Unterschlupf bei Schwester und Schwager, arbeitet mit in der Gärtnerei, versucht wieder Fuß zu fassen. Und er ist angehalten, triebhemmende Mittel zu nehmen, damit sein ,Drang‘, sich exhibitionistisch zu betätigen, wofür er einsaß, im Zaum gehalten wird. – In diesem Klima der Frustrationen und jahrelangen unerfüllten Sehnsüchte geraten die Dinge außer Kontrolle, die geordneten Verhältnisse drohen auseinanderzubrechen, die ,Normalität‘ ist in Gefahr …
Franz Xaver Kroetz, der akribische Chronist des reduzierten Lebens der ,kleinen Leute‘, der seit jeher nicht bereit ist, gesellschaftliche Bedingungen und menschliche Nöte getrennt zu betrachten, schreibt mit dem „Drang“ eine Komödie, die ihre Komik aus dem Unheimlichen, ihren Witz aus der Aggressivität gewinnt, und die sich grell zur wütenden Farce steigert.
Pressestimmen
Die österreichische Erstaufführung bestätigt die enorme Komik des Textes und verblüfft durch eine exquisite Ensembleleistung.
Der Falter
Es spricht für die Inszenierung, daß der tragische Hintergrund des handgreiflichen Suchens spürbar bleibt. Die Aufführung bemüht sich, aller Überdeutlichkeit zum Trotz, um so etwas wie Diskretion, auch heikelste Situationen werden mit Takt bewältigt.
Kurier
Regisseur und Ausstatterin können und wollen sich nicht entscheiden: Sie lavieren zwischen naturalistischen Anflügen, deren Brechung und illustrativen Versatzstücken, deren Hauch von Verfremdung im großen Volkstheater verweht.
Kleine Zeitung