2002/03
Bezirke 2003/04 Haupthaus |
Eisenbahnheiraten Premiere 30. April 2003 (Bezirke) Ignaz Stimmstock: Jörg Stelling Inszenierung: Erhard Pauer „Mit Liebe und Dampf geht alles“ ist das Motto dieser rasanten, fröhlichen Posse um Liebe und passende und unpassende Eheschließungen, die Nestroy mit seiner Sprachkunst geadelt hat. Mit „Dampf“ ist hier natürlich die Eisenbahn gemeint, die eindeutig im Zentrum der Handlung steht und die davor ungeahnte Möglichkeiten der Mobilität und Kommunikation, aber auch der Konfusion eröffnete. Schließlich wurde „Eisenbahnheiraten“ nur 7 Jahre nach dem Beginn des Ausbaus der österreichischen Eisenbahnen uraufgeführt. Reiches Lokal- und Sprachkolorit und eine Fülle komischer Figuren, wie der einfallsreiche Portrait- und Zimmermaler Patzmann, die amourös gestimmten Vettern Stimmstock und ein heftig „böhmakelnder“ Bäckermeister Zopak aus Brünn sorgen dafür, dass die Posse 159 Jahre nach ihrer Entstehung immer noch unterhält. Die kuriose Geschichte rund um drei oder vier heiratswütige Pärchen unterhält auch in der einfachen Tourneekuisse. Regisseur Erhard Pauer vertraut auf Wortwitz und Verwechslungshumor. Im Zentrum steht Fritz Hammel als Patzmann, der sich der Nestroy-Figur mit Sicherheit nähert und die Facetten dieses taktischen Tausendsassas mit der nötigen Umtriebigkeit ausfüllt. Den Mix aus Weltschmerz und Verzweiflung, Raffinement und Witz löst er souverän. Alfred Rupprecht und Jörg Stelling sind komische Figuren, Raimund Merker als cholerischer Bäckergeselle ist ein amüsanter Kontrast, Susanna Schaefer, Piroska Szekely und Susanne Holl sind solide Partner.
Langsam und gemächlich fing es an. Auch Fritz Hammel in der Rolle des Hobby-Heiratsvermittlers aus Liebe brauchte Anlaufzeit. Dann allerdings entwickelte die Geschichte Dampf und Farbe und kam in Fahrt. Und Hammel zeigte sich in blendender Form. Da auch eine Bäckerfamilie aus Brünn involviert ist, war auch etwas Böhmakeln angesagt. Werner Prinz schlug sich dabei tapfer. Erfrischend die jungen Brünner Damen Susanne Schaefer und Piroska Szekely, etwas unauffälliger Susanne Holl als Theres aus Neustadt. Ein Kabinettstück liefert Doris Weiner als quirlige Ehevermittlerin. Wolfgang Klivana hat als ungeschickter Zeremonienmeister, der dem Publikum das Stück zu erklären versucht, viele Lacher auf seiner Seite. Dem Publikum hats gefallen. Mit „Eisenbahnheiraten“ punktet das Volkstheater in den Bezirken. Das flotte Stück wurde bei der Premiere fast enthusiastisch aufgenommen. Wenn Bäckermeister Zopak (Werner Prinz) auf das Wildeste böhmakelt, ruft das beim Publikum noch immer Begeisterung hervor. Schön ist auch die Niedertracht der Hauptstädter, wenn die Niederösterreicher aufs Korn genommen werden: Der einfältige Instrumentenmacher Peter Stimmstock (Alfred Rupprecht) und der geckenhafte Bäckermneister Kipfl aus Wiener Neustadt (Manfred Jaksch) waren für einige Lacher gut, ebenso wie die trunkene, heiratsvermittelnde Zaschelhuberinn (Doris Weiner). Der Wiener Biedermann Ignaz Stimmstock (Jörg Stelling) geriet dagegen brav verschroben. Und die süßen Mädeln (Susanna Schaefer, Piroska Szekely, Susanne Holl) mussten sich mit Klischees zufrieden geben, so wie ihre jungen Liebhaber (Günter Wiederschwinger und Raimund Merker). Den anspruchvollsten Part, den Maler Patzmann, spielte überzeugend Fritz Hammel. Erhard Pauer ist eine flotte Inszenierung gelungen. Das für eine Wanderbühne geeignete Bühnenbild von Walter Vogelweider passt dazu. Offenbar machte es dem routinierten Ensemble Spaß, Nestroy heim in die Vorstadt zu bringen. |