Elektra
von Sophokles
(Deutsch von Ernst Buschor)
Premiere 5. September 1999
Elektra: Andrea Eckert
Chrysothemis: Chris Pichler
Klytaimnestra: Brigitte Janner
Orestes: Henry Meyer
Erzieher des Orestes: Thomas Stolzeti
Aigisthos: Erwin Ebenbauer
Pylades: Georgi Nikoloff
Chorführerin: Isabel Martinez
Chor der Frauen: Inge Altenburger, Elisabeth Gassner,
Sabine Herget, Susanne Holl, Barbara Braun, Svetlana Ivanova,
Michaela Kasper, Sofia Simion
Inszenierung: Günther Gerstner
Bühnenbild: Dirk Thiele
Kostüme: Susanne Schmögner
Musik und Choreinstudierung: Paul Lemp
Lichtdesign: Roland Edrich
Königin Klytaimnestra hat gemeinsam mit ihrem Geliebten Aigisthos ihren Gatten, den griechischen Heerführer Agamemnon, als er siegreich aus Troja zurückkehrte, ermordet. Ihre Tochter Elektra hat damals ihren jungen Bruder Orest in Sicherheit gebracht. Nun leben sie und ihre Schwester Chrysothemis wie Sklavinnen im Hause ihrer Mutter. Anders als die gefügige Schwester hat Elektra nichts als blutige Vergeltung im Sinn und ersehnt die Rückkehr Orests, der den Vatermord rächen soll. Als er, vom delphischen Orakel in seinen Racheplänen bestärkt, nach Mykenae kommt, unterstützt sie ihn bei der Ermordung Klytaimnestras und Aigisths. Der Gattenmord ist durch den Muttermord gesühnt, Elektras Gebete sind erfüllt, sie ist von ihrem Leiden erlöst.
Die blutige Geschichte der Atriden, diese gnadenlose Abfolge von Gewalttaten, Rache und neuen Gewalttaten, fasziniert die Menschheit seit den Zeiten Homers und öffnet sich immer neuen Interpretationen. Die drei großen Athener Dramatiker Aischylos, Sophokles und Euripides haben sich alle mit dem Stoff auseinandergesetzt und im Konflikt zwischen archaischer Blutrache und einer zivilisierten Rechtsordnung unterschiedliche Positionen bezogen. Für Sophokles sind in „Elektra“ Recht und Rache eins. Der Muttermörder Orest wird nicht wie bei Aischylos von den Erinnyen verfolgt, kein Gott muß – wie bei Euripides – erscheinen, um Ordnung zu stiften. Er löst die Gestalt der Elektra aus dem größeren Handlungszusammenhang heraus und entwirft in ihr die vielschichtige, widersprüchliche Figur des Gewaltopfers, das fast zwanghaft zum Täter wird. Er macht Elektra zur Heldin ihrer eigenen Tragödie; einer Tragödie um Schmerz, Demütigung, Einsamkeit, Todessehnsucht, Wut, Hass und Rachedurst. Sophokles schuf eine Tragödie, in der es keine Alternative zur archaischen Blutrache gibt, und eine Figur, die noch nach über 2400 Jahren als „moderner“ Charakter erscheint.
Pressestimmen
Sophokles’ „Elektra“ als einsamer Volkstheater-Triumph der Andrea Eckert. Sie macht 2400 Jahre Theatergeschichte wie nebenher spürbar, und das erhebt ihre grelle, schwere, niemals schrille Leistung zur mythischen Tat.
Der Standard
Andrea Eckert findet zu einer fulminanten Menschengestaltung. Dramatisch in den Ausbrüchen der Raserei, ergreifend im Leid eines zerstörten Menschen und in der tiefen Trauer um das Geschehene.
Kurier
Berührend Chris Pichler als Elektras Schwester Chrysothemis. Ihr Versuch, sich an die realen Gegebenheiten anzupassen, wirkt so ganz und gar nicht verabscheuungswürdig opportunistisch. Bewundernswert ihre Sprache, die nicht einen Augenblick lang „gekünstelt“ deklamiert und daher überaus glaubhaft wirkt. Imponierend auch die macht- und selbstbewußte Klytaimnestra Brigitte Janners. Andrea Eckert gelangen wunderbar dichte Momente.
Wiener Zeitung
Die Sophokleische „Elektra“ fesselt durch ihre Impulsivität. Wie die Aufführung im Volkstheater ausgezeichnet vermitteln kann, taucht das stringent komponierte Familiendrama die Figuren in ein Wechselbad der Gefühle. Die Emotionen kochen, die Nerven liegen blank, die Dialoge prallen krachend aufeinander. Ein Kampf auf Leben und Tod. Andrea Eckerts Elektra ist keine Rachefurie, kein kalter Todesengel. Sie spielt eine explosive Frau am Rand des totalen Zusammenbruchs.
Salzburger Nachrichten
Andrea Eckert hat atemberaubende Momente – der Dialog mit der Urne des Bruders macht beklommen. Chris Pichler ist erstaunlich als hier gar nicht sanfte, sondern zum Überlebenskompromiß eisern entschlossene Schwester. Neben dem starken Thomas Stolzeti als Erzieher zwei neue Gesichter: Henry Meyer als Orest und Georgi Nikoloff als Pylades.
Neues Volksblatt
Das Publikum jubelte der neuen Tragödin zu: Andrea Eckert triumphierte in der Rolle von Sophokles’ „Elektra“.
Kronenzeitung
Die ganze Aufführung hat etwas Unfertiges, Unausgewogenes, die Wucht des Geschehens kommt nur vereinzelt zum Ausdruck.
Neue Zeit
Günther Gerstner bleibt auch hier seinem berüchtigten, grellen Polittheater-Stil treu.
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