Emilia Galotti
Trauerspiel in fünf Aufzügen
von Gotthold Ephraim Lessing
Premiere 4. September 1994
Mit
Wolf Dähne (Battista)
Andrea Eckert (Orsina)
Thomas Evertz (Appiani)
Magdalena Felixa (Emilia)
Rainer Frieb (Conti)
Fritz Holzer (Camillo Rota)
Harald Krassnitzer (Prinz)
Cornelia Lippert (Claudia)
Michael Rastl (Odoardo)
Johannes Terne (Marinelli)
Inszenierung: Anna Badora
Bühne: Martin Kukulies
Kostüme: Beatrice von Bomhard
Musik: Andreas Schäfer
Serenissimus lassen lieben: Am Hof von Guastalla wechselt der junge Prinz die Geliebten im Nu. Eben noch hat er mit der Gräfin Orsina eine Liebesunterhaltung, da fällt sein Auge in der Kirche auf Emilia Galotti, eine blutjunge Bürgerstochter. Die soll freilich noch am selben Tag den melancholischen Grafen Appiani heiraten – ein Hindernis, das des Prinzen Sekretär Marinelli mittels gedungenem Mörder aus dem Weg zu schaffen weiß.
Doch nicht nur Emilia, auch deren Vater Odoardo Galotti stellt sich stur, was die Auslieferung des neuen Lustobjekts an den Prinzen betrifft: lieber Blut und Leben der eigenen Tochter geopfert als einer möglichen Liebeswallung ihres Bluts nachgegeben. Macht steht gegen inneres Gesetz, Willkürherrschaft gegen patriarchalischen Tugendterror.
Die Leibeigenschaft der jungen Emilia – steht sie dem Prinzen, dem Vater oder ihr selber zu? „Verführung ist die wahre Gewalt“ gesteht Emilia ein, bevor sie – in einem der rätselhaftesten, verschlüsseltsten Tötungsakte der Weltliteratur – die Erdolchung durch den eigenen Vater provoziert. Gleichsam nur für diese letzte, todbringende Berührung übergibt sie dem Vater ihren Leib: Dessen Unversehrtheit hat sie mit dieser inzestuösen Verführung zur Gewalttat zugleich bewahrt wie durchbrochen.
Ein Stück über Abhängigkeiten, innere wie äußere, und über den kühnen Entwurf des Menschen von sich selbst: Unabhängigkeit.
Pressestimmen
Anna Badoras Inszenierung öffnet den Blick auf Machtverhältnisse. Abgehandelt wird die Leibeigenschaft des Mädchens, das der Prinz, der Bräutigam, der Vater für sich beansprucht.
Die Aufführung insgesamt besitzt Unmittelbarkeit, auch wenn das Bühnenbild (Martin Kukulies) den Spielcharakter desillusinierend preisgibt. Das Lustschloß Dorsalo hat den Charme einer Baustelle. In solchem Ambiente agiert ein vorzügliches Ensemble, allen voran Harald Krassnitzer als selbstherrlicher Prinz und Johannes Terne als gewissenloser Einfädler. Magdalena Felixa gibt der Emilia Charakter und selbstverständliche Naivität, Cornelia Lippert ist nicht nur eine dumme Gans, ihre Mutter gewinnt im Unglück Resolutheit. Michael Rastl bewärt sich als zum Äußersten entschlossener Vater. Thomas Evertz bemührt sich um die Balance zwischen familiärer Gelöstheit und zorniger Aggression. Als verschmähte Orsina bietet Andrea Eckert, bitter, aber klug, ein Schicksal dar. Am Rande wissen Fritz Holzer, Rainer Frieb und Wolf Dähne zu beeindrucken.
Kurt Kahl, Kurier
Ein starker Saison-Auftakt, ein klares Lebenszeichen großstädtischen Bildungstheaters, ein berührendes Zeugnis weiblichen Protests.
Das fromme Opfer Emilia gibt Magdalena Felixa bezaubernd vital und glücksversessen. Die lebenskluge Orsina der Andrea Eckert stahlt wahrlich antikische Frauenkraft aus – und die Virtuosität, mit der die kulturelle Übung Unrecht und Leid verstecken und bewältigen hilft. Ein anderer Frauentyp ist Cornelia Lippert als Mutter Galotti: Liebevoll, fürsorglich – und somit das Unheil befördernd.
hai, Presse
Anna Badora hat das Lessingsche Trauerspiel föhlich und flott entstaubt und bringt mit einem ausgezeichneten Ensemble ein ganz und gar heutiges Stück auf die Bühne. Wenn jemand hervorgehoben werden muß, dann Johannes Terne als Marinelli, ein mit den Muskeln spielender Westernheld, ein verschlagener, machtgieriger Hofschranze, ein skrupelloser Intrigant weit entfernt vom Klischee. Die Bühne von Martin Kukulies gibt genügend Raum für die eigenen Träume von Luxus und Lust, Gewalt und Verführung.
Ditta Rudle, Wirtschaftswoche
Die Aufführung ist redlich und ernsthaft, sie lebt vor allem von einem ausgeprägten Ensemble, in dem es keine Schwachstelle gibt.
Neue Zeit
Wieder einmal wird kräftig ‚gegen den Strich gebürstet’, bis zur unfreiwilligen Travestie. Vom ersten bis zum letzten Vorhang ist das krampfhafte Bemühen spürbar, ja nichts ‚Konventionelles‘ oder ‚Kulinarisches‘ durchgehen zu lassen.
Wiener Zeitung