2004/05
plafond, Bezirke |
Enigma Premiere 20. Oktober 2004 (plafond) Abel Znorko: Thomas Stolzeti Regie: Georg Lhotsky „Ich hasse Journalisten und ich unterhalte mich nur mit mir selbst.“ Für Erik Larsen (Alexander Lhotzky) macht der Schriftsteller Abel Znorko (Thomas Stolzeti) eine Ausnahme. Für ein exklusives Interview will Znorko eine Auszeit vom Einsiedlerdasein nehmen. Znorko hat eben einen 15-jährigen Briefwechsel mit einer Frau veröffentlicht. Einer Frau, mit der ihn eine kurze, leidenschaftliche Beziehung verband, die ihn aber vom Schreiben ablenkte. Deshalb musste sie ihn verlassen, und die Leidenschaft sollte fortan nur mehr über das Papier laufen. Das Stück beginnt als banale Interview-Situation: Journalist Larsen versucht, mehr über die geheimnisvolle Geliebte herauszufinden. Thomas Stolzeti spielt den Schriftsteller als humorvollen Zyniker, als sympathischen Ungustl („Ich halte nichts von der Mode, sympathisch sein zu wollen.“). Schmitts Text gibt ihm dazu jede Menge Gelegenheiten. Alexander Lhotzky ist der Journalist, sanft, geduldig, unbeeindruckt vom „Dogma“, den Literaturnobelpreisträger gut finden zu müssen. Aber er hat ein doppeltes Gesicht … „Enigma“ ist ein kurzes Stück mit vielen überraschenden Wendungen, ein kleiner zurückhaltender Kammer-Krimi. Rudolf Schneider-Manns Au deutet im intimen Raum des „plafond“ mit rohen Holzplanken und rotem Licht dezent eine Blockhütte in der Dämmerung an, mit Einschlag ins Mysteriöse. Die Präsenz der Schauspieler steht in der Inszenierung von Georg Lhotsky aber im Mittelpunkt. Schmitts Text ist abwechslungsreich.
Der französische Autor Eric-Emmanuel Schmitt hat ein Gespür für das Brückenschlagen zwischen uneinsichtigen Menschen. Mit der Eleganz der Tradition setzt Regisseur Georg Lhotsky die anfangs rätselhafte Auseinandersetzung zwischen einem Nobelpreisträger und einem Journalisten in Szene. Geradezu zeitlos entspinnt sich ein merkwürdiges Schicksal, das die beiden Männer am Ende für immer aneinanderketten wird. Eigentlich wäre es unfair, den Inhalt hier wiederzugeben, denn Schmitt löst die Verwirrung um eine tote, einst liebend gerne Briefe schreibende als auch auch Männer liebende Frau Schicht um Schicht auf. Das menschliche Denken und Tun sind Eric-Emmanuel Schmitts Leidenschaft. Schmitts Kunst ist es, dabei mit Wendungen und Verschlüsselungen (die sich langsam lösen und doch nur wieder neue Rätsel erzeugen) den Leser oder Zuschauer bei Spannung zu halten. Sein Ton ist der des Konversationsstücks, kultivierte Phrase folgt auf verbale Attacke. Thomas Stolzeti als Eremit der Literatur, als Abel Znorko, ballert mit der Schrotflinte auf seinen Gast, erniedrigt die „Liebe als Perversion der Sexualität“, findet Abscheu vor der sich nach und nach gänzlich erneuernden Geschichte über eine geliebte Frau. Stolzeti gelingt die Figur, ist eine seltsame Person mit seltsamen Verhältnissen zu anderen. Seine Vorliebe für Edward Elgars „Enigma Variationen“ teilt der Nichtsahnende mit dem Journalisten Erik Larsen. Alexander Lhotzky macht sich mit seinem Partner auf die Suche nach Wahrheiten (die sich nicht finden lassen), die scheinbar nur im Buch stehen. Gedachtes, auch Geschriebenes konfrontiert Schmitt da mit Realem, mit Stolz und Liebesleid: Regisseur Georg Lhotsky setzt das ohne Brachialgewalt in Szene. |