1992/93
Haupthaus |
Für Gott, Ehre und Vaterland Deutschsprachige Erstaufführung Premiere 17. Jänner 1993 Dawson: Rüdiger Hentzschel Inszenierung: Erhard Pauer Dawson und Downey, zwei Marines, auf dem US-Marine-Stützpunkt Guantanamo Bay in Kuba stationiert, sind des Mordes an einem Kameraden, William T. Santiago, angeklagt. In einem ersten Verhör bekennen sie sich schuldig. Joanne Galloway, Anwältin der Internen Revision der Militärgerichtsbarkeit, bemüht sich um den Fall: die Geständnisse werden abgewiesen, die Häftlinge nach Washington gebracht, und sie bekommen ein Rechtsbeistand. Erhard Pauer hat ohne intellektuellen Ballast inszeniert und zeigt engagiertes, realistisches Theater voll Spannung und mit scharfem Witz. Das Ensemble zeigt die Form einer erstklassig trainierten Baseball-Mannschaft. Die Inszenierung hellt die Stereotypen der Justiz und des Militärs menschlich auf, sie bezieht Rückblenden ein und steigert die Spannung. Das Stück wird, von Wien aus, seinen Weg machen.“ Applaus im Volkstheater wie sonst nur in der Staatsoper. Das Publikum bejubelte ein glänzendes Stück, eine außerordentliche Aufführung, ein großartiges Ensemble. Es gab keinen schwachen Punkt und drei Stunden atemlose Spannung. Aus der von Alfons Haider angeführten Männerriege ragte Rainer Frieb hervor, der einen verbohrten, menschenverachtenden Stabsoffizier überzeugend spielte, weit heraus. Nach ihm zu nennen: Günter Franzmeier, Rüdiger Hentzschel und Matthias Rehrl und Babett Arens. Daß der Film („Ene Frage der Ehre“) gleichzeitig mit der Bühnenfassung zu sehen ist, mag für das Volkstheater Glück und Pech zugleich sein. Daß schon Autor Sorkin auch für die Bühne eine nahezu filmische Version geschrieben hat, und dies von Regisseur Erhard Pauer virtuos ausgenützt wird, mag den einen als störendes Plagiat, den andren als zwingende Notwendigkeit erscheinen. Daß jedoch Film und Bühne unterschiedliche Gesetze haben, wird das Publikum im Vergleich feststellen können. Daß die Volkstheateraufführung trotz zweieinhalb Stunden Dauer keinen Moment der Langeweile birgt, daß die Darsteller samt Babett Arens als Joanne Galloway zu einem Ensemble zusammengeschmolzen sind und daß Pauer eine Aufführung zustande gebracht hat, die bei allem Ernst auch das Vergnügen (vor allem durch die Lächerlichkeit der soldatischen Gesellschaft an sich hervorgerufen) nicht außer Acht läßt, dies festzustellen, bedarf es keiner Vergleiche. Die europäische Ertaufführung lotet nicht tiefer als die Hollywood-Verfilmung, ist nur kitschiger. Neben Babett Arens, die noch schreckschraubenhafter als Demi Moore agiert, schafft es einzig Markus Hering als liebenswerter Duckmäuser, sich von der Zelluloidvorlage zu emanzipieren. Vor einem Monat noch wär's ein wirklich netter Abend gewesen. |