2000/01
Haupthaus |
Die Glut Uraufführung Premiere 27. Juni 2001 Gastspiel in Bozen und Meran, 2002 Mit Inszenierung: Michael Gruner
Sándor Márais erfolgreicher Roman erlebte im Volkstheater die Uraufführung in der dramatisierten Fassung Knut Boesers. Ein Erfolg, der besonders Hauptdarsteller Wolfgang Hübsch zu danken ist. Die Stimmung im Hause Henrik atmet Einsamkeit und Verlassenheit. Realistisch lässt Regisseur Michael Gruner den Wind pfeifen, am Morgen Vögel singen, die Pferde wiehern; an bedeutsamen Stellen schlägt Donnergrollen zu. Ebenso realitätsversessen wirken auch die Darsteller: Chris Pichler gibt ein mädchenhaftes, naives Ding, das alle Problemchen des Alltags genau ausspielt. Wolfgang Hübsch bringt Leid und Einsamkeit des Relikts Henrik treffsicher ins Ziel; als Gravitationspunkt ist er das Kraftzentrum der Aufführung. Fast monologisch arbeitet er sich durch den Abend und schafft es, so interessant zu scheinen, dass man ihm gespannt zuhört. Peter Uray als Kónrad kommt mit wenigen Worten aus, schlägt sich aber souverän. Beide spielen detailbetont und intensiv, aber niemals überladen. Bis zum großen Finale wird der existenzielle Kampf der beiden um Sonnen- und Schattenseiten des Lebens erstaunlich ruhig und harmonisch entwickelt. Wofür Michael Gruner, wie auch Bühnenbildner Peter Schulz, zu danken ist.
Dem Volkstheater ist mit Márais „Glut“ ein interessanter Theaterabend gelungen. Knut Boeser spürt dem Dichter in seiner Dramatisierung geschickt nach. Er setzt die Dialoge gekonnt ein, verwendet kaum fremden Text und legt den Hauptakzent auf das Duell zweier Männer, zweier Freunde, die dieselbe Frau liebten. Eine weitere sehr schöne Figur hat Boeser notgedrungen transformiert: Die inzwischen neunzigjährige Amme, die Henrik ein Leben lang begleitet, wird zu deren Enkelin, Nini, der Henrik die Vorgeschichte erzählen kann. Chris Pichler gestaltet da eine reizvolle Figur, die die Sorgen ihrer Großmutter um den unglücklichen Mann auf ihre Art übernommen hat. Die eigentliche Handlung setzt mit dem Erscheinen Kónrads ein: Ein Ibsenscher Gerichtstag, 41 Jahre nach den alles entscheidenden Geschehnissen zwischen Henrik, dessen Frau Krisztina und Kónrad. Michael Gruner setzt diese Konfrontation sehr intensiv in Szene. In dem stimmigen Bühnenbild von Peter Schulz baut sich allmählich ein Bild der Lebenskatastrophe dreier Menschen auf. Dominierend in seiner Versteinerung Wolfgang Hübsch als Henrik, der sich alle Fragen, die sein Leben über die Jahre hinweg bestimmten, für diese eine Auseinandersetzung aufgehoben hat. Ein Sturkopf, den die Verletzung seines Gefühls in die Isolation getrieben hat. Peter Uray stellt ihm einen undurchsichtigen, kaum weniger beschädigten Kónrad gegenüber, einen Mann, der die Flucht in die Welt antrat. Sándor Márai war über das bloße Erzählen hinaus ein wunderbarer Seelenkenner. Und Wolfgang Hübsch leiht dem alten Henrik das ganze Können, mit dem ein reifer Bühnenkünstler die Zuschauer eineinhalb Stunden spielend bannt. Peter Uray, von Textadaptor Knut Boeser über weite Strecken zum Schweigen verurteilt, vermittelt mimisch und gestisch große Geduld, bisweilen ein bisschen Widerstand und meistens gehörige Feigheit. Spannend macht es Wolfgang Hübsch als der Aufrechte, der 40 Jahre lang gewartet hat, aus dem verräterischen Freund wenigstens ein Geständnis zu quetschen. Halb triumphierend, halb lauernd. Von Hübschs Henrik kommen dabei die Einsichten, die diese Bühnenübung legitimieren: „Du hast mein Leben ruiniert, aber wir sind immer noch Freunde.“ Bis ihm zuletzt sogar dämmert, dass die Frau, die er nach Kónrads Flucht verließ, an der Enttäuschung nicht über einen Mann, sondern über zwei Männer gestorben ist. Michael Cerha, Der Standard Wortlos wie alle großen Gefühle liegt Unausgesprochenes wie ein offenes Geheimnis im Raum. Eine gewisse Spannung, die sich mit der Unbedingtheit von Henriks Gefühlskultur vermengt und von Wolfgang Hübsch mit Leib und Seele verkörpert wird. Kónrads (Peter Uray) Schweigen versteht sich als abermaliger Fluchtversuch und durchkreuzt letztendlich den Wunsch beider Männer, endlich aus der Sehnsucht (nach ein und derselben Frau) ins Leben zu steigen. Worte und Schweigen im Duell. Und genau in diesem Aspekt liegt die Kunst des Textes und in weiterer Folge die Stärke des Abends. Im viel zu kurzen zweiten Teil, als die Glut im offenen Kamin auf brennbares Material wartet und in der Gesprächssituation die alten, aufgesparten Leidenschaften entflammt, bekommt der Abend die erwartete Spannung. Wolfgang Hübsch erweist sich wieder als wunderbarer knorriger Alter. Und zieht souverän alle Register. Sándor Márais erfolgreicher Roman erlebte im Volkstheater die Uraufführung in der dramatisierten Fassung Knut Boesers. Ein Erfolg, der besonders Hauptdarsteller Wolfgang Hübsch zu danken ist. Die Stimmung im Hause Henrik atmet Einsamkeit und Verlassenheit. Realistisch lässt Regisseur Michael Gruner den Wind pfeifen, am Morgen Vögel singen, die Pferde wiehern; an bedeutsamen Stellen schlägt Donnergrollen zu. Ebenso realitätsversessen wirken auch die Darsteller: Chris Pichler gibt ein mädchenhaftes, naives Ding, das alle Problemchen des Alltags genau ausspielt. Wolfgang Hübsch ist in seinem Spiel ungemein genau, er bringt Leid und Einsamkeit des Relikts Henrik treffsicher ins Ziel; als Gravitationspunkt ist er das Kraftzentrum der Aufführung. Fast monologisch arbeitet er sich durch den Abend und schafft es, so interessant zu scheinen, dass man ihm gespannt zuhört. Peter Uray als Kónrad kommt mit wenigen Worten aus, schlägt sich aber souverän. Beide spielen detailbetont und intensiv, aber niemals überladen. Bis zum großen Finale wird der existenzielle Kampf der beiden um Sonnen- und Schattenseiten des Lebens erstaunlich ruhig und harmonisch entwickelt. Wofür Michael Gruner, wie auch Bühnenbildner Peter Schulz, zu danken ist. Oliver A. Láng, Kronenzeitung Wolfgang Hübsch läuft zu einer unglaublichen Hochform auf. Mit beiläufigen Gesten, stimmlichen Nuancierungen, einem kleinen Tänzchen, weltverlorenen Blicken führt er ein maskulines Wrack vor, das auf drei beschädigte Leben zurückschaut. Es gelingt Hübsch unter Gruners Führung, „Die Glut“ auch auf der Bühne glosen zu lassen. Michael Gruner Regiekonzept ist ungefähr so konventionell wie die Handlung. Exakt, sorgfältig, aber doch altbackenes Salontheater beinahe. Das Problem von Michael Gruners Inszenierung ist, dass sie der Dramatik des Gesprächs nicht traut und zu theatralischen Hilfsmitteln greift. Die beiden agieren insgesamt so unnatürlich, dass man nur selten vergisst, dass alles bloß Theater ist. |