2000/01
Haupthaus |
Der gute Mensch von Sezuan Premiere 6. September 2000 Mit Inszenierung: Michael Gruner Brecht im Volkstheater: schlichtweg schön. Um die strahlende Andrea Eckert entfaltet sich ein von Gabriele Sterz in der originalen chinesischen Farbskala eingekleidetes Ensemble mit Leuchtpunkten wie Erika Mottl, Johanna Mertinz, Brigitte Swoboda, Inge Altenburger, Doris Weiner, Christoph Zadra, Wolfgang Klivana. Peter Schulz hat die Bühne mit ein paar optischen Tricks in den Griff bekommen. Paul Dessaus Musik (Einrichtung: Lukas Goldschmidt) zurückgeschraubt aufs Melodiöse ohne allen Belehrungseifer. Andrea Eckerts Stern leuchtet in beiderlei Gestalt: als Shen Te und in der Hosenrolle des Shui Ta.
Ein Stück, dessen Daueraktualität in Michael Gruners Inszenierung transparent wurde. Die Doppelrolle erfüllt Andrea Eckert mit gewohnter Virtuosität. Der in allen Facetten auftretende Pöbel (u.a. Brigitte Swoboda, Günther Wiederschwinger, Roger Murbach) gibt sich berechnend und mit unerbittlicher Kälte. Geglückt gezeichnet ist die Figur des wohlhabenden Barbiers (Alfred Rupprecht), ebenso wie der Wasserverkäufer Wang (Fritz Hammel). Man muss Gruners Regie zugute halten, dass der Kern des Stückes, mit seiner brutalen und realitätsnahen Kraft, dort bleiben durfte, wo er angesiedelt ist: inmitten des Lebens und ohne Pardon. Regisseur Michael Gruner legte den Hauptakzent auf die psychologische Unterfütterung der Figuren. Restlos aufgegangen ist dieses Konzept bei der Zeichnung der Götter. Erwin Ebenbauer, Peter Uray, Wolf Dähne präsentieren die Erleuchteten als schon verdammt alt gewordene Herrschaften, die mit kleinen Andeutungen die europäische Sehnsucht nach fernöstlicher Esoterik ironisieren. Andrea Eckert lässt den inneren Kampf mit dem „Gegen-Ich“ mit großen Gefühlen erahnen. Aus der Vielzahl der Brecht-Figuren ragen neben Fritz Hammel, Hary Prinz und Johanna Mertinz heraus. Die Chinoiserien haben den Charme eines Glutamat-Tempels. Die Schauspieler spielen irgendwas, von Regie kaum eine Spur. Die Weichzeichnung macht die Geschichte stumpf. Sie kocht auf Sparflamme und macht in ihrer Dramatik nicht betroffen. Weder Mitgefühl stellt sich ein, noch wird man mit Härte auf eine Erkenntnis gestoßen. |