1989/90
Haupthaus |
Das Haus der Temperamente Premiere 17. Dezember 1989 Braus: Rudolf Strobl Inszenierung: Hilde Sochor Der leidenschaftliche Kartenspieler Nestroy spielt vierfärbig mit der Unwahrscheinlichkeit, lädt Leidenschaft auf mit Mathematik und treibt diese auf die Spitze und damit präzis ins Chaos der Farce: Vier Väter, vier Töchter, vier Söhne, vier Zimmer, vier Temperamente, aber nur ein Gefühl – Sohn Fad liebt Tochter Braus, Tochter Fad liebt Sohn Braus, Tochter Trüb liebt Sohn Froh, Sohn Trüb liebt Tochter Froh – und eine Intrige, um die Herrschaft der Väter zu brechen, die starrsinnig darauf bestehen, ihre Töchter mit ihren viel zu alten Jugendfreunden (und auch die sind adäquaten Temperaments) zu verheiraten (während sie ihren Söhnen raten, sich noch auszutoben, ehe sie sich binden). Als gar nicht selbstlose Helfer hei dieser Intrige verbünden sich die Konkurrenten um das Stubenmädchen Isabella: der einfältig-selbstgefällige Kleider- und Schuhputzer Hutzibutz und der allzu listenreiche Barbier Schlankel. Eifersüchtig-einig, von Falle zu Falle mißtrauisch aufeinander angewiesen, bleibt bis zuletzt ungewiß, wer dem Gelächter preisgegeben wird. Konzentriert spiegelt Petters’ Schauspielkunst die Inszenierung Hilde Sochors wieder. Sie verleugnet nichts von der Wiener Tradition, aber – und das ist vielleicht eines jener glücklichen Zusammentreffen von Verwurzelung in der Überlieferung und feinem Gespür für aktuelles Theater – wie sie die überschäumende Spiellust vor allem der jungen Schauspieler in Form bringt, ohne diese in ihrer Eigenständigkeit einzuschränken, das scheint uns ein geglücktes Beispiel von Schauspieler-Regie. Der präzis und flott ablaufende Komödienmechanismus und die karikaturenhafte Überzeichnung der Temperamente erfüllen das Gebot des Meisters Nestroy in vollem Umfang. Man hat mehr auf Klamauk als auf satirischen Esprit gesetzt, und als Folge davon ziehen sich die vierfachen Variationen der einzelnen Situationen in die Länge, hemmen die Handlung, statt sie ad absurdum zu führen. |