1999/2000
Bezirke

Der Irrläufer
von Hansjörg Schneider

Österreichische Erstaufführung

Premiere 15. September 1999

Margreth Birchmeier: Johanna Mertinz
Simon Pfeifer: Peter Uray
Anna: Doris Weiner
Gerhard: Manfred Jaksch
Arthur von der Feuerwehr: Peter Schachinger
Paul von der Feuerwehr: Alexander Real
Gemeindeschreiber: Peter Vilnai

Inszenierung: Wolfgang Palka
Bühne: Martina Tscherni
Kostüme: Mimi Zuzanek

 
Ein Dorf an einer Grenze. Eine Frau wartet. Sie wartet darauf, daß der Mann, in den sie sich vor über dreißig Jahren verliebte, zurückkehrt, um sie zu holen. Man hatte damals einen jungen Fremden, in dessen Heimatland Krieg geführt wurde, zur Erholung im Dorf aufgenommen. Er verbrachte viele Stunden mit der Frau, die zu dieser Zeit fast noch ein Mädchen war, oben am Waldrand beim Holzapfelbaum. Er sagte ihr Gedichte auf – damals hinterm Haus, als der Mond schien. Er versprach ihr wiederzukommen und sie zur Frau zu nehmen. Seit dieser Zeit wartet die Frau vergebens auf ihren Geliebten, sie hat sich ihren Traum vom großen Glück zurechtgelegt, ein Glück, das ihr bis jetzt verwehrt geblieben ist. Doch noch immer lebt sie für die Hoffnung auf dessen Erfüllung.
Eines Tages sucht ein Flüchtling, ein illegaler Grenzgänger, im Haus der Frau Zuflucht. Der Irrläufer wird von der Dorffeuerwehr gehetzt. Ist es der Fremde von damals? Die Erfüllung des großen Traums rückt in greifbare Nähe. Doch nun will die Frau es gar nicht mehr zulassen. Sie will die schöne, wehmütige Erinnerung an ihre Jugend nicht verlieren. Sie will nicht wahrhaben, daß der alte, versoffene Schauspieler aus dem fremden Land ihr Märchenprinz von damals ist. Sie nimmt den Flüchtling zwar auf, aber sie verleugnet seine Identität.
Der bekannte Schweizer Autor beschreibt in seiner Liebesgeschichte sehr einfühlsam das Problem des Fremdseins, die Ängste, Aggressionen und Sehnsüchte, die es auslöst. „Der Irrläufer“ wurde 1995 am Theater Basel uraufgeführt.

 
Pressestimmen

Bringt der Illegale, der ins Dorf kommt, die Liebe von einst? Der Blick auf das vergilbte Brautkleid verheißt keine Hochzeit. Das gramblasse Gesicht der in aller Ruhe wilden Margreth (Johanna Mertinz) schaut hilflos auf zum rotgequälten ihres alten Bräutigams. Der Brautschleier fließt an ihr hinab und breitet seinen Saum als Leichentuch auf den von den Dörflern getöteten Eindringling. Jeder lehmige Tritt, den Regisseur Wolfgang Palka vorgibt, trägt neuen Nebeldunst in das untraute Heim. Da ist dann auch das verstockte Spiel am rechten Platz.
M. Affenzeller, Der Standard

Am Ende steht der Mord. „Der Irrläufer" nannte der 1938 in Aarau geborene Autor Hansjörg Schneider sein packendes, erschütterndes Stück, das jetzt im Rahmen der Außenbezirkstournee des Volkstheaters zur österreichischen Erstaufführung kam.
Wolfgang Palka inszenierte ungeheuer einfühlsam, lässt beim ersten Auftritt des Irrläufers erkennen, dass er der „Prüfstein" ist, das „Maß", an dem einst alle gemessen werden. Peter Uray durchlebt grandios alle Facetten dieser schwierigen Rolle, überzeugt, bewegt, fesselt. Fast atemberaubend ist Johanna Mertinz als spätes Mädchen, das so gerne noch lieben möchte und es nicht mehr kann.
Lona Chernel, Wiener Zeitung

Produktionen I