1989/90
Haupthaus

Die Kinder des Teufels
(In nomini domini)

von Felix Mitterer

Musik von Werner Pirchner

Österreichische Erstaufführung

Premiere 29. Jänner 1990

Kommissar: Georg Trenkwitz
Freimann: Robert Hauer-Riedl
Schreiber: Gerhard Steffen
Freimannsknecht: Uwe Falkenbach
„Dreckstierer“: Fritz Hammel
„Klein-Lieserl“: Viktoria Schubert
„Krummer Veitl“: Marcus Thill
„Stockblinder Michl“: Wolfgang Klivana
„Schernfanger“: Martina Schroll
„Depperter Dofferl“: Klaus Haberl
„Stadtschmeisser“: Ronald Seboth
„Fetzen-Leni“: Cornelia Lippert

Inszenierung: Claus Homschak
Bühne: Alfons Janser/Claus Homschak
Kostüme: Heidrun Fischer

 
Salzburg 1675: Der Betteljunge Dionysius wird vor Gericht verhört, weil er den Zauberer-Jackl kennen soll. Um sich aus den Fängen einer inquisitorischen Justiz herauszuwinden, setzt er zu wüsten Geständnissen und Denunziationen an und löst damit eine Verhaftungswelle aus. Herumzigeunernde Bettelkinder werden festgenommen, mittels psychischer und physischer Folter zu Geständnissen gezwungen und schließlich zum Tod verurteilt.
Mitterers Stück über den juristisch, moralisch und religiös verbrämten Umgang einer Gesellschaft mit ihren Außenseitern zielt natürlich nicht nur auf historische Dokumentation, sondern meint eine exemplarische Situation. Die Kinder sind mit einer Obrigkeit konfrontiert, für die das Prozeßende von Anfang an feststeht: der es im Ritual von Folter und Geständnis nur um die eigene Rechtfertigung und Bestätigung geht. Die manipulierten Kinder erwidern die alptraumhafte Repression mit abgründigen Phantasien, die ihr letztes seelisches Refugium sind. Und noch das absurdeste Geständnis ist nichts als das spiegelverkehrte Abbild einer Ordnung, die diese Kinder ausgrenzen und eleminieren will. Die wilden Phantasien der Opfer sind nicht nur Versuche, der Folter und Strafe zu entkommen, sie sind auch eine Möglichkeit, Eindruck zu machen. Das erklärt die erstaunliche und geradezu selbstmörderische Bereitschaft, die Rollenangebote der Obrigkeit anzunehmen, ja durch grandiose Selbstbezichtigungen noch zu übertrumpfen. In einer schaurigen Prozedur lustvoller Selbststilisierung holen sich die Angeklagten das, was sie im Alltag entbehren müssen – ihre soziale Anerkennung. Mitterers Szenen sind so modellhaft, daß sich Analogien zur Verfolgung von Außenseitern, Minderheiten und Randgruppen bis in die Gegenwart ergeben.
Zur weiteren Lektüre sei der Jahresbericht 1989 von amnesty international empfohlen.

 
Pressestimmen

Homschak gelingt es auch, die Auswirkungen des behördlichen Drucks auf die Kinder plausibel zu machen. Auf diese Weise wird deutlich, wie stark gesellschaftliche Regeln und konventionelle Bilder der Realität auch auf Außenseiter wirken. Diese Inszenierung ist ein eindrucksvolles Beispiel für die schauspielerische Potenz am Volkstheater.
Der Standard

Die Aussagen der Kinder kommen mit soviel Überdruck über die Rampe, die Behinderungen werden so kräftig überzeichnet, die Darstellung gerät so exzessiv, daß sich gerade jene Reaktionen nicht einstellen wollen, die Mitterer auslösen möchte: Mitleid. Nachdenklichkeit. Die Erkenntnis, daß sich manches nicht geändert hat.
Die Presse

Regisseur Claus Homschak ist in den Graben zwischen Stilisierung und Naturalismus gerutscht. Die schauspielerische Leistung: Ausgezeichnet.
profil

Ein düsterer Abend ohne Ausweg, eine berührende Aufführung, die Wirklichkeit weniger verarbeitet als herstellt.
Neue Zeit

Eine Randgruppen-Endlösung (anno 1675), wie sie dann viel später wieder Anwendung finden sollte und wie sie vermutlich schon in den Köpfen kühner Gesellschaftsplaner des dräuenden Aids-Zeitalters herumgeistert! Einleuchtend der beinahe zeitlos konzipierte Sadismus des Inquisitionspersonals.
AZ/Tagblatt

Homschak wollte stilisieren und hat doch nur vermanscht. Er wollte aktualisieren und hat doch nur Plattheiten exponiert. ,Zur weiteren Lektüre sei der Jahrsbericht 1989 von amnesty international empohlen‘ klotzt es einen aus dem Programmzettel an.
Falter

Produktionen K