1998/99
Haupthaus |
Komödie der Eitelkeit Premiere 2. Mai 1999 Der Ausrufer Wenzel Wondrak: Alfred Rupprecht Inszenierung: Rudolf Jusits Ein autoritäres Regime verbietet jede Abbildung des Menschen. Jusits stehen exzellente Schauspieler zur Verfügung: Alfred Rupprecht als Ausrufer, Ronald Seboth als Packer, Viktoria Schubert als Mädchen für alles, Peter Uray als Direktor, Robert Hauer-Riedl als Prediger, Heinz Petters und Brigitte Swoboda als betagtes proletarischen Geschwisterpaar oder Doris Weiner, Hertha Schell und Johanna Mertinz als dahinwelkendes Damentrio, um nur einige wenige stellvertretend für das ganze Ensemble zu erwähnen.
Seinen speziellen hintergründigen Schmäh spielt Heinz Petters als Dienstmann wunderbar gelassen aus, auch Brigitte Swoboda berührt in der Rolle der Schwester. Hier kann man sehen, wie zwei wienerische Figuren in kleinen Szenen zu Weltformat wachsen.Toni Böhm beeindruckt als Lehrer Schakerl mit einer grotesken Überraschungsmaske. Brigitte Neumeister darf wieder einmal, und daher überzeugend, die Möchtegern-Dame spielen. Rudolf Jusits kürzt und rafft, verzichtet auf Aktualisierungen, leitet die Schauspieler an, knappe Formeln zu entwickeln. Kabinettstücke von Brigitte Swoboda und Heinz Petters. Das Premierenpublikum zeigte sich beeindruckt. Jusits hat die Szenen kaleidoskopisch durcheinandergeschüttelt. Heinz Petters ist von leise drohender, schwer verschluckter Brutalität, Brigitte Swoboda wuselt wie ein wollener Käfer über die arg graue Komödienbühne. Canettis Theater markiert etwas Ungeheuerliches. Eine Parabel über die Untersagung der Selbstanschauung und Satire über die politische Verführbarkeit und Hysterie der Masse. Rudolf Jusits hat sich mit seiner radikal eingestrichenen Fassung entschieden, dieses kollektive Vorspiel zum finalen „Ich“-Rufen untheatralisch ablaufen zu lassen. Fast das gesamte Volkstheater-Ensemble wird aufgeboten. Erfreuen kann man sich etwa am grantigen Direktor (Roger Murbach) oder an dem selbsternannten Prediger gegen die Eitelkeit (Thomas Stolzeti ). Heinz Petters als Dienstmann und Brigitte Swoboda als seine Schwester sorgen dafür, daß Canetti einen Platz als Dichter des Wiener Volkstheaters neben Horváth einnehmen kann. Das Ensemble behauptet einfach, Canetti sei Horváth, und wienert, was das Zeug hält. Doch auch Horváth möchte man so blutleer lieber nicht sehen: Theater als stumpfer Spiegel. Jusits’ Zweistundenversion wirkt verharmlost, ja bedeutungslos. |