2000/01
Haupthaus |
Komödie der Irrungen Premiere 8. März 2001 Herzog: Rolf Schwab Inszenierung: Alexander Kubelka Kaum kommt Antipholus aus Syrakus mit seinem Diener Dromio nach Ephesus, beginnen den beiden die seltsamsten, verwirrendsten Dinge zuzustoßen. Doch auch für Antipholus aus Ephesus und seinen Diener Dromio ist von diesem Moment an nichts mehr, wie es war.
Alexander Kubelka versucht bei „Komödie der Irrungen“ leichtfüßig übers Wasser zu gehen. Das gelingt erstaunlich gut. Kubelka versteht sich aufs Schweben wie auf Abgründe. Die Inszenierung gibt dem Theater, was des Theaters ist: lustvoll-sinnliches Spiel, Spielerei. Rolf Schwab als Herzog macht die intendierten Konturen der Figur deutlich. Günter Franzmeier triumphiert über alle übrigen: mit ausdrucksvollem Mienenspiel, herzlicher Komik. Bei seinem Antipholus von Syrakus ist allerhand zu sehen: eruptiv aufbrechende Sehnsucht, Liebe, Angst vor Müttern und anderen rätselhaften Frauenzimmern, Komplizentum mit dem Diener, von dem er sich aber mit tolpatschiger Aggressivität abzugrenzen versucht. Günther Wiederschwinger spielt den Antipholus von Ephesus, ein Yuppie, ein glatter Möchtegern-Business-Man, dem eine reiche Frau den Weg ins Establishment öffnete. Gundula Rapsch zeichnet diese Adriana mit vielen Klagelauten über die ganz armen Frauen, die sich in junge Herren vergucken. Die Zwillingsdiener der Zwillingsbrüder gleichen einander fast wie ein Ei dem anderen. Gerhard Roiss und Christoph Zadra wirken beide passend getrieben. Charmant herb zeichnet Sabine Herget Adrianas Schwester Luciana als eine, die mit Fleiß und viel Hirn die Gefühlswelt durchforscht, dabei nicht viel kapiert – und sang- und klanglos abstürzt. Gut. Alexandra Braun spielt derb wienerisch die Kurtisane. Brigitte Neumeister thront mit Flügelhaube als eine Art tragbarer Kloster-Mutterbauch (Kostüme: Barbara Blutaumüller) über dem Geschehen, weniger sittenstrenge Äbtissin als lebenserfahrene Telefonseelsorgerin. Originell. Peter Vilnai repetiert als Irrenarzt psychische Krankheiten nicht unkomisch. Alfred Rupprecht sowie Georgi Nikoloff repräsentieren recht glaubwürdig die alles durchdringenden merkantilen Interessen. Für diese ist Fitness von nöten: Ronald Seboth zeigt seine kräftigen Jogger-Wadeln. Wolfgang Klivana gibt einen braven Vertreter der Exekutive. Diese Aufführung ist luftig, würzig, unprätentiös, fugenlos plausibel durchkomponiert – sie hält in zwei Stunden fast durchwegs die Spannung.
Das bewährte kreative Duo Alexander Kubelka (Inszenierung) und Gerhard Fresacher (Bühnenbild) lässt nichts aus, um dem Lustspiel um Zwillinge einen ironisch-leichten Anstrich zu geben. In Günter Franzmeier hat die Aufführung einen idealen Antipholus. Leichtfüßig turnt er sich durch die Verwicklungen, artikulationsstark staunt er über die verbalen Verwöhnungen der falschen Ehegattin (Gundula Rapsch) und überzeugungsstark entflammt er sich am Anblick von deren Schwester (Sabine Herget). Shakespeares frühes Werk, dieser Komödienschwank, der sich in seinen interessantesten Momenten absurd übermütig gibt, endet in der unwirklichsten Schlagerstimmung. Einer von vielen vergnüglichen Kompromissen des Regisseurs, der ein wenig Ironie, ein wenig Spaß und viele bunte Kostüme zu einer gefälligen Mischung formt. Und sich damit nicht allzu weit von Shakespeares Komödie entfernt. Denn in erster Linie schnurrt in diesem Stück eine gewitzte Gag-Maschine ab. Eine Schnürchen-Dramaturgie, der Kubelka, je länger der Abend fortschreitet, immer eindringlicher entspricht. Leise, ganz sachte heben die Komödianten noch einmal an mit ihrem Song: „I to the world am like a drop of water“ (Musik: Oliver Welter). Ein hitparadenschöner Ausklang. Günter Franzmeier als Antipholus aus Syrakus mit tragikomischen Tendenzen und sein ebenso glatzköpfiges Gegenstück Günther Wiederschwinger als Antipholus aus Ephesus geben sich so ganz dem launig-leichten Spiel hin. Der kalten Welt draußen setzt Kubelka Theater-Fröhlichkeit entgegen. Das Publikum freut sich. Letztlich vertraut Kubelka doch mehr der Wirkung von flachen Sommertheater-Späßen als sich selbst. Es fehlt an vielem in dieser Inszenierung, vor allem fehlt es an zweierlei: an einer schlüssigen Grundidee und an Tempo. Geblieben ist Shakespeare-Schonkost ohne Witz und Würze. |