1990/91
Haupthaus

Liebe Jelena
von Ljudmila Rasumoskaja
(Deutsch von Susanne Rödel)

Österreichische Erstaufführung

Premiere 21. Oktober 1990
Fürs Fernsehen aufgezeichnet vom ORF

Jeléna Seréjewna: Krista Stadler
Ljálja: Petra Morzé
Páscha: Herbert Föttinger
Vitja: Andreas Schlager
Volódja: Cornelius Obonya

Inszenierung: Peter Gruber
Bühne: Rudolf Rischer
Kostüme: Susanne Birke

Von der Verführung einer Karriere um jeden Preis und von der Verweigerung korrupter Mittel erzählt das Stück „Liebe Jelena“ der aus Lettland stammenden sowjetischen Dramatikerin Ljudmila Rasumowskaja.
Was wie eine nette Geburtstagsüberraschung beginnt, entwickelt sich zur handfesten Erpressung, bei der freilich Täter und Opfer nur dem oberflächlichen Anschein nach eindeutig zu unterscheiden sind. Denn in einem gesellschaftlichen System, in dem der obrigkeitliche Autoritätsdruck über Auslese- und Studienzulassungsverfahren gleichermaßen unerträglich auf Lehrern wie Schülern lastet und ansonsten alle Entwicklung stagniert, haben Fluchtburgen des erzieherischen Idealismus keinen Bestand. Der Gegendruck der Jugend, die, um die selbstgestaltete Zukunft geprellt, ihre Verzweiflung in gewalttätige Rebellion umsetzt, macht auf drastische Weise das Versagen eines solch autoritären, erstarrten Schulsystems deutlich: Mehr noch als der physische Schmerz schockiert die Lehrerin die Erkenntnis, daß vor ihren Augen ihr ganzes pädagogisches System zusammenbricht. Nichts hat sie von ihren Idealen und ethischen Wertvorstellungen den Schülern vermitteln können. Die sind – übrigens ganz im Marxschen Sinne – von einer Umwelt geprägt, in der sozialistische Ideale längst der Realität von Korruption, Lüge und Heuchelei gewichen sind, und geraten, alleingelassen, in den Sog faschistoider Gewalttätigkeit. Immerhin, Jelena hat Glück: zu verschieden ist das Kleeblatt. Wo der eine scheinbar kaltblütig plant, brechen bei anderen schließlich doch Skrupel hervor.
Bei aller Lokalbezogenheit der Kritik erreicht „Liebe Jelena“ trotzdem seinen Zuschauer hier, der genug Anlaß hat, eigene Schlüsse zu ziehen – schließlich ist in dem Stück von den Idealen der sechziger Jahre die Rede, die verflogen sind und der Jugend heute kaum mehr etwas bedeuten.

 
Pressestimmen

Wenn eine Inszenierung wie jene von Peter Gruber diesen Realismus mit strenger Konsequenz und Genauigkeit vergegenwärtigt, erweist sich erneut die bis heute ungebrochene Faszinationskraft des Illusionstheaters, zumal wenn die Darsteller sich durch lebensnahe Differenziertheit auszeichnen.
Neue Zürcher Zeitung

Eine dichte Aufführung, in der sich eine junge Truppe ausgezeichnet bewährt.
Die Welt

Der Regisseur, der die Inszenierung wie ein gemächlicher Kutscher angeht, kann später nicht verhindern, daß ihm die jungen Pferde durchgehen. Da wird bis zur Unverständlichkeit geschrieen und bis zur Unkenntlichkeit grimassiert.
Kurier

Produktionen L