1998/99
Haupthaus |
Das Mädl aus der Vorstadt Premiere 6. Dezember 1998 Schnoferl, Winkelagent: Otto Tausig Akkordeon: Lukas Goldschmidt Inszenierung: Ruth Drexel Ein Winkelagent, so eine Art Vorläufer heutiger Privatdetektive, namens Schnoferl schnüffelt bzw. schnoferlt hinter einem Börsenspekulanten her, verhindert sexuelle Belästigung, deckt einen großangelegten Betrug auf, rettet den Ruf eines fälschlich beschuldigten braven Buchhalters und seiner tapferen Tochter und verhilft nebenbei noch seinem jungen Freund zum geliebten armen Mädl. Tausig hat heute abend wieder einmal bewiesen, mit welch sparsamen und präzisen Mitteln er Nestroy zu spielen vermag. Und Frau Schubert neben ihm: sie bringt all die witzige Härte und gallbittere Komik mit, die diese Figur braucht. Sie beide haben die Schärfe, den Witz, aber auch die Ernsthaftigkeit für Nestroys bitteren Sarkasmus.
Otto Tausig spielt den Winkelagenten Schnoferl, eine idealere Besetzung läßt sich kaum denken. Ein mittleres Desaster mit nur kurzen Atempausen für die Qual. Ein liebenswerter Schnoferl verabschiedet sich von der Volkstheaterbühne: Otto Tausig als emsiger Winkelagent trägt die Traurigkeit und das Mitleid von Nestroys Figur im Herzen. Ihm gelingt das Urbild eines wienerischen Menschenelements: mit all den kleinen Momenten zwischen Resignation, Hoffen und Glück. Nach der Uraufführung von Johann Nestroys „Das Mädl aus der Vorstadt“ berichtete die „Wiener Theaterzeitung“ am 26. November 1841 über den Autor und Darsteller der Hauptfigur Schnoferl in Personalunion: „Man rief nicht, man jubelte ihn hervor.“ So ist es dem aktuellen Schnoferl in der neuen „Mädl aus der Vorstadt“-Produktion am Wiener Volkstheater auch gegangen: Auftrittsszenenbeifall und laute Bravos beim Schlußapplaus für Otto Tausig. Der Wiener Schauspieler mit internationaler Theater- und Filmkarriere nimmt Abschied von der Bühne. |