2001/02
Haupthaus

mein Arbeitstirol
Ein Abend von, mit und für Friederike Mayröcker

30. Mai 2002

Friederike Mayröcker liest Gedichte aus „Notizen auf 1 Kamel“, Prosa „brütt oder die seufzenden Gärten“ und neue Gedichte aus Manuskripten (aus dem demnächst erscheinenden Band „mein Arbeitstirol“).

Vera Borek, Hannes Gastinger und Karl Markovics lesen die Hörspiele:
„Das Couvert der Vögel“ (mit Musik von Gerhard Rühm) und „Schubertnotizen, oder das unbestechliche Muster der Ekstase“,
begleitet von Gerhard Rühm

 
Friederike Mayröcker lesen zu hören ist eine besondere Erfahrung: Sie erfordert vom Zuhörenden Ruhe und Konzentration und entschädigt ihn mit Stille und Klarheit. Mayröckers umfangreiches Lyrik- und Prosawerk ist inwzischen einem breiten Lesepublikum in Teilen bekannt. Weniger bekannt hingegen – sieht man von der kleinen Gemeinde der Hörspielliebhaber ab – sind ihre szenischen Texte. Das Volkstheater präsentiert in szenischer Lesung zwei aus der Fülle, das leise, magische Hörspiel „Couvert der Vögel“ aus dem Jahr 2001 und die „Schubertnotizen“ aus dem Jahr 1994.

 
mein Arbeitstirol usw.
Tannenzweig deine Hand auf der Tischplatte im Café
bei den Klängen von Puccinis Madame Butterfly
feurige
Sternbilder Kassiopeia zum Beispiel zwischen den
kahlen
Ästen der Groszstadtbäume als schluchzend der
fransentragende
Tag usw., Sesam Mantel der Frühe diese schräg nach
hinten ohren-
bedeckenden Haare der Wirtin Wärterin meines
Wahnsinns dieser
Zipfel Herz diese Montur : Trapezkopf im Haarnetz
der Nachtigall
hab ich gesehen mir vorgestellt die
schellentragenden
Vögel des Frühlings das Grün der Erde als
schluchzend Nachtigallhügel
in meinem Schädel wie einst Cora P., mit dem
schrecklichen
Abbild im Spiegel dem schwarzen Loch in den
Augen / so ich
wenn ich mich selber betrachte nicht wahr. Ach Cora,
längst
versunken, die Spindel des Todes hat in den Finger
gestochen
dich schon quillt Träne Blutes mächtig hervor :
schwarze Perle
schmerzlicher Schlaf Page des Traums .. und jeden
Morgen erlebe ich
dies: Akt 1 Treppe hinabsteigend, nach Duchamp,
oder wie die Meise lehnte
jenseits des Meeres, ich mein kuckuender Himmel wo
die zarten
Blüten des Frosts : weihevolle Brillanz usw., mit
nackten Füszen
im Schnee also ins LAUSCHHAFTE schluchzend,
Halme Hänflinge
eines verwehten Frühlings und wie Vater Mutter
beflissen
den Hang empor, nur so, mit Frühling und Schnee,
die aperen
Menschen. Habe Sehnsucht nach meinen (noch)
nicht geschriebenen
Werken .. während Sokrates mit dem Akanthusblatt
an der Schläfe
in 1 maszlosen Feuerbusch mir erscheint, usw.
23.–26.12.1999

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