Nächstes Jahr – gleiche Zeit
von Bernard Slade
(Deutsch von Gerty Agoston)
Premiere 21. Oktober 1998 (Bezirke)
22. November 1998 (Haupthaus)
Mit
Doris Weiner
Christian Spatzek
Mario Schober
Inszenierung: Erika Mottl
Bühnenbild: Mimi Zuzanek
Kostüme: Ariane Maino
Da verbringen ein Mann und eine Frau eine leidenschaftliche Nacht miteinander in dem vollen Bewußtsein, ihre jeweiligen Ehepartner zu betrügen. Eigentlich sind Doris und George glücklich verheiratet, von Ehekrisen keine Spur. Trotzdem wissen beide, daß auch ihre Beziehung keine oberflächliche ist, daß es nicht bei dieser einen Begegnung bleiben wird.
Sie treffen also eine Vereinbarung: Sie versprechen einander, keine Ansprüche an den anderen zu stellen. Keine Telefonate, keine Verabredungen, keine Briefe. Aber nächstes Jahr, zur geichen Zeit, im selben Hotel wird es ein umso leidenschaftlicheres Wiedersehen geben. Auf diese Weise bleiben Doris und George einander jahrelang treu.
Im wirklichen Leben würde ein derartiges Arrangement vielleicht in der Beziehungtragödie enden und die eine oder die andere Ehe in Brüche gehen. Nichts davon in der Komödie. Slade konstruiert ein Beziehungsgeflecht, bei dem alle vier Beteiligten glücklich sind und bleiben. Er spielt mit den in den siebziger Jahren modern gewordenen Schlagworten wie „sexuelle Befreiung“ oder „offene Zweierbeziehung“ und gaukelt uns eine merkwürdige „Viererbeziehung“ vor, bei der trotz scheinbarer Freizügigkeit althergebrachte Werte gelten.
Pressestimmen
Die Boulevard-Komödie „Nächstes Jahr – gleiche Zeit“ von Bernard Slade lehrt den fast perfekten Seitensprung. Ein Pärchen trifft sich jedes Jahr zur gleichen Zeit in dem selben kleinen Strandhotel. Alljährlich verbringen sie nur diese eine Nacht miteinander, denn sie sind glücklich verheiratet. Diese heimlichen Zusammenkünfte stören keineswegs das Eheglück. Denn zwischendurch gibt es keine Anrufe, keine Briefe, keine Verabredungen. So einfach ist es also, die offene Zweierbeziehung zu leben! Hätten nicht die schönsten Momente die Tendenz, verweilen zu wollen und institutionalisiert zu werden …
Wie könnte es sonst passieren, daß das Pärchen sich über zwanzig Jahre lang außerehelich vergnügt und durch alle Lebensphasen begleitet: von der Glockenhose mit Blumenborte bis zu Nadelstreif und Kostüm reichen die Verwandlungen, die beide durchleben. Mit einem Wort, Doris und George machen es sich in einer eheähnlichen „Beziehungskiste“ gemütlich. Christian Spatzek spielt einen leicht neurotischen George, der so von Schuldgefühlen gequält wird, daß er einmal sogar ein Stelldichein platzen läßt, um seiner Tochter als „Zahnfee“ zu erscheinen. Doris Weiner als kühl überlegte Doris hat es da leichter: Sie ist katholisch und geht einfach hinterher zur Beichte. Sie zieht vom Hausmütterchen über den Vamp bis hin zum Blumenkind alle Register – wirkt aber stets so asexuell, daß der häusliche Charakter ihrer Begegnung sehr präsent wird.
Warum sollte sich dieser Publikumshit des Broadway 1975 – über die Schwierigkeiten mit der sexuellen Freiheit – inszeniert von Erika Mottl, nicht auch beim Wiener Publikum durchsetzen.
Sabine Oppolzer, Die Presse
Das Stück Bernard Slades bietet eine durchaus treffliche Unterhaltung. Wie es dem Autor gelingt, die sich im Laufe der Jahre ändernden Familienverhältnisse und Alltagsprobleme der beiden Protagonisten einzubeziehen, sorgt für immer neue Überraschungen. Obwohl die Ehepartner der beiden Protagonisten nie tatsächlich in Erscheinung treten, sind sie in den Dialogen immer deutlich präsent, immer als integrativer Bestandteil einer komplexen Beziehung. Die im Nu verstreichenden gut 30 Jahre spiegeln sich auch in der Musik wieder.
Manfred A. Schmid, Wiener Zeitung
Die Wirtschaftswunderzeit war schon immer ein begehrtes Sujet für Komödienschreiber, besonders für angelsächsische. Bernard Slades „Nächstes Jahr – gleiche Zeit“ ist so ein launiges Komödienprodukt aus besseren Tagen. Slades Komödien-Räderwerk über Untreue, die zur Treue wird, schnurrt ab wie eine Spule, auf die Slades Bühnenerfolg einst auch als Film gebannt wurde. Das Publikum erfreut sich – dank Slade – am leichten Druck auf die Tränendrüsen. Egal, ob altmodisch oder nicht.
Thomas Gabler, Kronenzeitung