Nora – Ein Puppenheim
von Henrik Ibsen
(Deutsch von Angelika Gundlach)
Premiere 18. Dezember 1991
Advokat Helmer: Wolfgang Hübsch
Nora: Birgit Doll
Doktor Rank: Thomas Evertz
Frau Linde: Isabel Weicken
Krogstadt: Georg Trenkwitz
Anne-Marie: Brigitte Antonius
Hausmädchen: Vicky Gabriel
Ein Dienstbote: Günter Baumann
Inszenierung: Karlheinz Hackl
Bühne und Kostüme: Walter Schwab
Musikalische Beratung: Michael Kienzl
Tanzeinstudierung: Blanka Modra
Eine Ehe, ein Mißverständnis: was Nora und Torvald Helmer für große Liebe und bürgerliches Glück halten, ist nichts als Projektion; für Torvald ist Nora verschwenderisches Luxusobjekt, das der Anleitung gleichmäßiger Vernunft bedarf; und Nora projiziert ihr Wunschbild des unbedingt Liebenden und großzügig Verstehenden auf Torvald.
Das Stück beschreibt die letzten drei Tage dieser berstenden Ehe: Alles scheint sich zum Besseren zu wenden; Torvald ist zum Direktor der Aktienbank ernannt worden. Die „sichere Stellung“ garantiert ein hohes Einkommen; die Zeit der Sorgen und des Sparens ist vorbei. Vor allem für Nora, die vor acht Jahren ihrem schwerkranken Mann das Leben gerettet hat, indem sie – ohne sein Wissen und gegen seine Prinzipien verstoßend – für einen Genesungsaufenthalt im Süden einen hohen Kredit aufgenommen hat, den sie seither mühsam in kleinen Raten zurückzahlt.
Torvald aber entläßt Krogstad, und damit ausgerechnet den Mann, der Nora den Kredit verschafft und ihren Schuldschein in Händen hat. Auf diesem Schuldschein hat Nora eine Unterschrift gefälscht. Krogstad – bereit mit allen Mitteln um seine Existenz zu kämpfen – deckt in einem Brief an Torvald Helmer diesen Sachverhalt auf. Nora erwartet von ihrem Mann nun das „Wunderbare“: daß er sich schützend vor sie stellen und alles auf sich nehmen wird. Aber Torvald Helmer reagiert ganz anders.
Noras Mißverständnis trifft auf Torvalds Verständnislosigkeit: von satter Sicherheit und hochfliegenden Illusionen bleiben nur Trümmer; der Augenblick des Erkennens ist kalt. Nora verläßt, um herauszufinden, wer sie selbst ist, Mann und Kinder.
Henrik Ibsen, der große norwegische Dramatiker, schrieb sein Stück „Ein Puppenheim“, das in deutschsprachigen Ländern seit jeher unter dem Titel „Nora“ gespielt wird, im Sommer 1879 in Italien. Schon von den Zeitgenossen als „‚Frauen-Emanzipations“-Stück verstanden, wurde „Nora“ bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vor allem als solches gespielt.
Heute jedoch ist dieses „Familiendrama“ in seiner ganzen Komplexität wieder erkennbar auch als Kritik an einer Gesellschaft, die nach wie vor keine Mittel hat gegen die Hilflosigkeit menschlichen Miteinander-Umgehens. Die vom Mißverständnis zur Selbstgerechtigkeit und zu tödlichem Haß fortschreitet.
Pressestimmen
Der bürgerliche Salon liegt im Schutt zerstörter Seelen, geborstener Lebenslügen. So spannend verläuft Ibsens ‚Nora’ am Volkstheater. Karlheinz Hackl hat vorzüglich inszeniert.
Kronenzeitung
Hackl zeigt uns an einem altbekannten Stück in einer altbekannten Manier das, was wir immer schon gewusst haben. Genau das ist der Tod des Theaters.
Der Standard