1992/93
Haupthaus |
Opus 111 Uraufführung Premiere 28. Februar 1993 Fritz Burgmüller, Komponist: Michael Rastl Inszenierung: Stephan Bruckmeier Bruckmeiers Inszenierung ist von überzeugender Entschiedenheit, sie setzt, wo er möglich ist, auf den Effekt und belebt so die gleichförmige Szene. Aber wie wenig Explosivität ist in dieser Inszenierung vorhanden. Da prallen keine Welten zusammen, da ist nichts von Rache zu spüren, sondern nur neckische Kinderei. Auf der Strecke bleibt die umtriebige Verzweiflung, die Jonkes Figuren so elendiglich plagt. Abermals erweist sich Jonke als ebenso feiner wie sprachmächtiger Meister des Skurrilen. Stephan Bruckmeier zeigt in Luise Czerwonatis magischem Ambiente seine bisher beste Regiearbeit. Michael Rastl als Komponist im Endstadium des alkoholischen Quartals und Raiener Frieb als beinahe dämonischer Spediteur erklettern den Himalaya der Clownerie. Und der langentbehrte Otto Tausig bereitet als virtuoser Konservatoriumsdirektor die Freude seiner Wiederkehr. Exkursionen auf die Dachböden des Gehirns; die Besichtigung des Abgelegten, Abgelebten, Abgenützten: eine zwanghafte Tour durch totes Inventar, Erinnerungen des Vergeblichen. In Gert Jonkes Opus 111 ist dieser Dachboden der eines Konservatoriums, angefüllt mit Klavieren, einhundertelf an der Zahl, die Gehirne der Brüder Burgmüller, die es dorthin verschlägt, voll gescheiterter Musik. Von diesen Brüdern ist keiner etwas ohne den andren. Bruckmeier inszeniert – und Frieb und Rastl spielen – das mit ausgefeilten Nuancen, subtilen Korrespondenzen und einem untrüglichen Gefühl für die musikalischen Qualitäten in Jonkes Text. Jonkes absurder Humor, seine Kauzigkeit und Wortspielereien ergeben einen Abend voll köstlicher Ironie. Stephan Bruckmeier hat das Stück gerafft und verdichtet. Es blieb ja nicht viel mehr, als sich dem Text anzuvertrauen. Das taten die beiden Brüder: Rainer Frieb als der Tatkräftige und Michael Rastl als der hoffnungslos Verkommene. Als Pedell hatte Rudolf Jusits einen ebenso komischen wie lärmenden Auftritt. Die Paraderolle des Direktors brachte die Rückkehr Otto Tausigs nach Wien, und das bedeutete viel weisen Humor. Für Freunde skurriler Absurditäten ein genussreicher Abend. Und der Teufel? Er ist allgegenwärtig in dieser Theateretüde, die so harmlos beginnt und so infernalisch endet. Der Teufel war immer schon dumm, aber die Dummheit ist teuflisch. Die vier auf dem Dachboden spielen es vor. Und damit wäre es auch schon erzählt, das Gleichnis von den 111 Klavieren: Wie sie, großherzige Spende eines vermögenden Enthusiasten, seit Jahrzehnten da oben vergammeln, weil sie erst niemand gebraucht hat und weil sie dann nicht mehr zu gebrauchen waren. Eine Untergangsvision, ganz ohne Katastrophengeschrei. Zwischen den Zeilen der Abgrund. Dem alles verfallen ist. Chancenlos und doch wieder nicht. Solange es solche Stücke gibt. |