2000/01
spielbar |
Das Phantom von Europa Teilweise Uraufführung Premiere 22. April 2001 Beweger und Bewegte Mit Inszenierung: Frédéric Lion Antonio Fians Szenen leben im ständigen Spannungsverhältnis zwischen Literatur und Wirklichkeit, der Autor bemächtigt sich in realistischer Manier der ganz konkreten Ereignisse, um sie unversehens zu Versatzstücken seiner literarisch-satirischen Absichten zu machen. Seine Szenen haben eine starke zeitgenössische Wirkung, „weil sie unter anderem Momente aufweisen, die die kulturelle Öffentlichkeit auch am meisten schätzt – Aktualität, Kürze, Witz, Einseitigkeit und Gemeinheit, Schadenfreude und Bosheit. Mit sicherem Griff treibt Fian die Haltungen und Reden bekannter Personen dialogisch-szenisch auf kleinstem Raum rücksichtslos dermaßen auf die Spitze, dass sie in ihrer plötzlichen Groteskheit mit einem Schlag offenbaren, was sie in Wahrheit wirklich sind und bedeuten“. (Gustav Ernst) Ein heiterer Abend im vermutlich einzigen Theater der Welt, in dem man eine inszenierte Zeitungskolumne sehen kann. Antonio Fians Dramolette passen auch ins richtige Theater hervorragend. Die vier Darsteller spielen exakt. Sehr gelungen.
Inhaltlich schwanken die Szenen zwischen derbem Wuchtelkabarett und hintergründigen Abbildern einer Wirklichkeit, über die man zwar mitunter lachen kann, die aber im Grunde überhaupt nicht zum Lachen ist. Dass dennoch Humor zu einem tragenden Faktor des Abends wird, ist dem ausgezeichneten Darsteller-Quartett zuzuschreiben. Die Uraufführung von Antonio Fians Dramoletten beschert flotte Sprüche und kleine Wahrheiten. Boshaft, witzig, manchmal hintergründig und nicht immer tiefsinnig schaut Fian auf das Dasein der Alpenrepublik. Fians Welt ist die des kleinen Österreich. Regisseur Frédéric Lion macht sie mit geringen Mitteln unter Mithilfe von Günter Franzmeier, Fritz Hammel, Brigitte Neumeister und Christoph Zadra zum kurzweiligen Intermezzo. Die Uraufführung ist insofern geglückt, als das Volkstheater die Sparsamkeit der Vorlagen nicht durch Üppigkeit zerstört. Die „absurden“, vom konkreten Anlass gelösten Szenen sind am Theater, an diesem Theater am besten realisierbar. Eine der stärksten Szenen war deshalb „Bussi“, wo am Beispiel eines Schoßhundes in knappem Dialog Alkohol, Kinderschändung, Vergewaltigung und ländliche Brutalität aufleuchten, subtil und doch sehr deutlich. Mit vier der besten Kräfte des Hauses hat Regisseur Frédéric Lion eine Auswahl von Fian-Dramoletten einstudiert. Obwohl sich Fians Witz hauptsächlich an sprachlichen Kruditäten entzündet, erweisen sich die Texte als erstaunlich bühnenwirksam. |