Der Revisor
von Nikolai Gogol
Premiere 2. Oktober 1988 (Bezirke)
4. November 1988 (Haupthaus)
Skowsnik, Stadthauptmann: Georg Trenkwitz
Anna, seine Frau: Renate Olarova
Maria, seine Tochter: Viktoria Schubert
Ljapkin-Tjapkin, Richter: Friedrich Haupt
Chlopow, Schulinspektor: Gerhard Steffen/Frank Michael Weber
Semljanika, Sanitätsrat: Peter Wolsdorff
Schpekin, Postdirektor: Peter Vilnai
Hiebner, Arzt: Erich Margo
Dobtschinks: Wolf Dähne
Bobtschinski: Uwe Falkenbach
Chlestakow: Peter Faerber
Ossip, sein Diener: Harald Pichlhöfer
Mischa/Polizist/Kellner/Abdulin: Roger Murbach
Inszenierung: Inge Flimm
Bühne: Nora Scheidl
Kostüme: Christine Gimmel
Musik: Reinhold Ruiss
Die Honoratioren der Kleinstadt machen, was sie wollen und nehmen, was sie brauchen. Und geraten in Panik, als ein Revisor angekündigt wird, der inkognito reist.
Der junge Herr sitzt im Gasthaus fest, weil er sein Reisegeld verspielt hat. Zuerst verblüfft, dann immer unverschämter, genießt er es, für den Revisor gehalten zu werden.
Gogols Revisor ist die klassische Satire auf Korruption und Mißwirtschaft. Und sie ist aktuell wie eh und je. Doch was hat das mit „Anpassung und Ungehorsam“ zu tun? Anpassung hat viele Formen, nicht nur die dumpfe oder fanatische Pflichterfüllung, nicht nur den Kadavergehorsam, sondern auch die aktive Anpassung. das Mitmachen und Mitschneiden am System. Gogol entwirft das Bild einer Gesellschaft, in der die Korruption total ist, in der sich auch die Opfer der Korruption nur wehren können, indem sie selbst korrupt werden. Seltsam vertraut die Szenerie, die Gogol uns vorführt. Eine Hand wäscht die andere … 1836, 1988??
Gogol läßt offen, ob ein wirklich unbestechlicher Revisor, also einer, der seine Pflicht erfüllt und damit gleichzeitig Widerstand gegen das System leistet, die Welt nicht noch in Ordnung bringen könnte. Wir nehmen fast als selbstverständlich an, dass auch der echte Revisor bestechlich sein wird. Resignierter Zynismus als letzte Form der Anpassung? Und bewirkt da irgendeine Form der Auflehnung, des Nicht-Gehorchens noch etwas? Diese Grundtrage unseres Spielplans wird uns – leichter oder komplizierter, ernsthafter oder märchenhafter gestellt – in der Saison 88/89 immer wieder begegnen. (Emmy Werner)
Pressestimmen
Da ist Petersburg halt doch recht weit. Seltsam spröde und zugleich vergröbert lief die vertrackte Komödie der doppelten Täuschungen an, die Komik possenhaft grell, die Dialoge ohne Straffheit. Nach der Intervalle schien die Regisseurin dem zerfaserten Handlungsfaden feste Drehung zu geben. Nun hatte das Geschehen endlich Farben und Zwischentöne, die Pointen saßen, und alles kam zu einem vergnüglichen Abschluß. Peter Faerber (Chlestakow) hat schauspielerische Verve, ist ein Typus und kann sprechen. Dem konfusen Kampf des Stadthauptmanns mit familiären und amtlichen Turbulenzen gewinnt Georg Trenkwitz subtile Nuancen ab. Resolut spielt Renate Olarova den jählings angestachelten Ehrgeiz. Im Zirkel der Kleinstadthonoratioren, individuell gezeichnet von Gerhard Steffen, Uwe Falkenbach und Wolf Dähne, haben Friedrich Haupt, Peter Vilnai und Peter Wolsdorff die dankbasten Szenen. In raschem Wechsel nimmt sich Roger Murbach der Nebenrollen an.
Gunther Martin, Wiener Zeitung
Inge Flimm verspielt die große Satire in kleinen Witzchen, die Dialogbearbitung versucht mit zeitgenössischem Jargon an das Publikum hranzukomen, ohne wirklich eine kühne Konfrontation zu wagen. Gogols Satire wird verspielt. Einzig bei den Frauen gibt es Ansätze von Rollenprofilierung, was Renate Olarova und der jungen Viktoria Schubert zugute kommt.
Hans Heinz Hahnl, AZ/Tagblatt
Die angestrebte Turbulenz des Abends, die aus der Charakteristik erwachsen müßte, scheitert an der mangelnden Koordination der Nebenrollen, an einer Herrenriege, die nicht präzise agiert und reagiert. Die Damen sind lustiger: Renate Olarova und Viktoria Schubert bieten zwar klischierte, aber treffliche Studien.
Renate Wagner, Neues Volksblatt