Rose
von Martin Sherman
(Deutsch von Inka M. Paul)
Österreichische Erstaufführung
Gastspiel einer Koproduktion von Monica Bleibtreu
und den Hamburger Kammerspielen
Erste Vorstellung 5. Februar 2002
Mit
Monica Bleibtreu
Inszenierung: Adelheid Müther
Bühne: Götz Loepelmann
Kostüme: Marie-Theres Cramer
Musik: Christoph Grothaus
Shiva heißt ein jüdisches Trauerritual, bei dem der Trauernde eine Woche lang auf einer hölzernen Bank sitzt und des Verstorbenen gedenkt. Die 80-jährige Rose sitzt Shiva für ein neunjähriges Mädchen, das im Westjordanland erschossen wurde. Dabei erzählt sie ihr Leben. Ein typisches Leben, ein Ausnahmeleben. Denn Rose lebt. Geboren in einem ukrainischen Shtetl, hat sie das Warschauer Ghetto überlebt, hat seine Zerstörung in den Kanälen Warschaus versteckt überlebt . Sie hat die Fahrt nach Palästina auf der „Exodus“ überlebt, die von den Engländern gestürmt und nach Deutschland zurückgeschickt wurde. Ein amerikanischer Freiwilliger namens Sonny Rose hat sie davor bewahrt, in ein Lager für Displaced Persons zu kommen und mit nach Atlantic City genommen. Überlebt hat sie auch den Tod Sonnys und ihres zweiten Ehemanns. Sie hat sogar ihren ersten Mann Yussel, den sie für tot gehalten hatte, in einem Souveniershop in der Wüste wiedergefunden. Einmal im Jahr fährt sie nach Israel, das einst so unerreichbar gewesen war, und besucht dort Sohn und Enkel. Einer ihrer Enkel ist zu einem fanatischen Siedler im Westjordanland geworden und hat ein neunjähriges palästinensisches Mädchen erschossen, für das Rose nun Shiva sitzt. Wenn das klingt wie ein Hollywoodfilm, ist es beabsichtigt. Rose liebt das Kino. Und von „Anatevka“ bis „Exodus“ haben sich ihr die Filmbilder mit den Erinnerungsbildern überblendet, bis sie sie nicht mehr auseinander halten kann. Auch in die Wüste ist sie nur gefahren, weil sie mit Yussel in Warschau so gerne Westernfilme gesehen hatte. Von ihrer, der jiddischen Kultur schließlich werden nach dem Tod der letzten Überlebenden wohl hauptsächlich die Bilder aus den kitschigen 30er Jahr-Filmen übrig bleiben. Martin Sherman, als Autor von „Bent“ berühmt geworden, spielt sensibel und gekonnt mit den Ebenen und bewahrt seine Geschichte dadurch vor Sentimentalität.
Pressestimmen
Monica Bleibtreu spielt die alte Rose mit beeindruckender Präsenz. Sie streift das bewegte und sehr charakteristische jüdische Leben der Achtzigjährigen über, als wären die Erinnerungen tatsächlich ihre eigenen. In ihrem Gesicht spiegelt sich die Intesität der Vergangenheit in fast greifbaren Gedanken.
taz hamburg
Monica Bleibtreu machte den Monolog zum eindringlichen Erlebnis.
Hamburger Abendblatt
Die Lebensgeschichte einer Entwurzelten, mit der die ausdrucksstarke Monica Bleibtreu die Zuschauer in Bann zieht. Unter der unaufdringlichen Regie von Adelheit Müther ist ein Kammerspiel allererster Güte entstanden. Durch Monica Bleibtreus Rose erleben wir die Geschichte des jüdischen Volkses hautnah.
Die Welt, Hamburg