2004/05
Haupthaus |
der schweissfuss. eine operette Uraufführung Premiere 7. November 2004 Mit Klavier: Alexander Kukelka Bearbeitung, Inszenierung und Bühne: Michael Wallner Die zwischen 1959 und 1962 entstandene Gemeinschaftsarbeit zwischen den beiden Exponenten der „Wiener Gruppe“ ist ein genialer Nonsens zwischen Kabarett und Slapstick-Komödie, der die moderne österreichische Literatur ganz wesentlich beeinflusst hat – und dabei auch eine respektlose Reflexion über das Theater. Das Werk wird jetzt am Volkstheater uraufgeführt. Die Nonsens-Handlung ist Nebensache, hier wird mit dem Theater im Allgemeinen ein Spiel getrieben, mit dem Genre Operette im Speziellen. „der schweissfuss“ ist als Gemeinschaftsproduktion von Konrad Bayer und Gerhard Rühm in den Jahren 1959 bis 1962 entstanden. Zur Uraufführung kam der Text jetzt mit 40-jähriger Verspätung (Inszenierung, Bühne: Michael Wallner). Was seinerzeit provokant erscheinen mochte, wirkt heute recht harmlos. So würde man in diesen Tagen nicht mehr schreiben. Aber genießen lässt sich's! Es ist eine verkehrte Welt: Das Publikum sitzt auf der Bühne, mit Blick in den prachtvollen Zuschauerraum, den es aus dieser Perspektive sonst nie zu sehen bekommt. Nicht zu vergessen die Musik von Gerhard Rühm (musikalische Einrichtung von Alexander Kukelka, der auch das Mini-Orchester leitet), angereichert mit Wienerliedern und Chansons von Rühm. Wenngleich mit ironischer Ernsthaftigkeit vorgetragen, kommt diese Operette beschwingt und unbeschwert daher. Die Musik geht ins Ohr.
Das Unterfangen, dieses durchaus witzige, experimentelle Stück endlich uraufzuführen, ist freilich nur zu begrüßen. Mit Lotterlook aus den 60er Jahren (Kostüme: Suzie Heger), reduzierter Spielweise sowie Wienerliedern und Chansons von Gerhard Rühm (musikalische Leitung: Alexander Kukelka) nähert sich Regisseur Michael Wallner behutsam dem bizarren Anti-Stück. Zwischen 1959 und 1962 haben Konrad Bayer und Gerhard Rühm ihre heitere Abrechnung mit Theater, Publikum und Rezeptionsverhalten geschrieben. Dem Volkstheater ist es hoch anzurechnen, dass diese Nonsens-Handlung (es geht um eine Bettennot und um Schweißfüße) erstmals auf einer Bühne zu sehen ist. Legendäres der literarischen Gedankenab- und auschweifung (wie der „schas vom johann schdrauss“ oder der Mann, der „so gern auf Wasserleichen liegt“) – dichten, reimen und komponieren konnte es, das Duo aus dem Freundeskreis „Wiener Gruppe“. Michael Wallner hat die Uraufführung eingerichet, in der Michael Rastl als nachtbehemdeter Makarius mit elegantem Locken-Toupet als Rühms Alter ego durch das Spiel führt. An seiner Seite im Negligée seine Frau Genoveva, unglaublich witzig: Cornelia Lippert. Eine herrliche Pyjama-Party. Die Furche Wäre „der schweissfuss“ damals, vor rund 40 Jahren, aufgeführt worden, hätte es ganz bestimmt Stunk gegeben. Doch kein Theater konnte sich für den „schweissfuss“ erwärmen. Jetzt aber hat das Volkstheater den Mut, das Werk, eine wilde Nonsens-Collage, zu zeigen. Mutig gingen die beiden Autoren gegen Spießigkeit und Körperfeindlichkeit vor. Die Musik Rühms tönt einmal nach französischem Chanson, dann nach einem Song von Kurt Weill, und häufig wird Operettenschmalz karikiert. So konfus das Konglomerat aus Szenen und Monologen sein mag, so plausibel erscheint das flexible Konzept, das Regisseur Michael Wallner für den „schweissfuss“ gefunden hat. Ein zu tiefsinnigem Witz und trivialem Spaß wild entschlossenes Ensemble – Michael Rastl, Gabriele Schuchter, Cornelia Lippert, Werner Prinz, Thomas Evertz, Ines Kratzmüller, Katharina Hohenberger, Werner Prinz – ist am Werk. Die viele Zeit, die seit der Niederschrift vergangen ist, bewirkt, dass sich die Provokation verflüchtigt hat und die reine Unterhaltung übrig geblieben ist. Anno 1959 setzten sich die Herren Konrad Bayer und Gerhard Rühm zusammen, um die Theaterwelt mit einem revoluzzerischen Stück zu beglücken. Damals war in den großen Häusern das bürgerliche Salonstück angesagt und unten im Kellertheater existenzialistelte es ein wenig. Bayer/Rühm wollten weder noch bedienen, sondern in einer schönen Parallelaktion eine wunderhübsche Operette schaffen und gleichzeitig dieses Genre und in einem Aufwasch das Illusionstheater insgesamt zu ver...schen. Weil, dieses übliche Theatergetue stinkt zum Kunsthimmel, also schlagen die Herrn mit „der schweissfuss.eine operette“ zurück. Was damals zur Provokation taugte, ist heute von literar- und kulturhistorischem Interesse. Michael Wallner sorgte mit seiner Inszenierung für einen rührend nostalgischen Blick auf einstige Aufregerkunst. Alexander Kukelka richtete Rühms Musik bühnentauglich ein, und die Darsteller hatten eine Hetz' mit dem Spaß. Eine unterhaltsame Ausstellung im unverstaubten Theatermuseum. |