1994/95
Bezirke
1995/96
Haupthaus

Stella
von Johann Wolfgang Goethe

Premiere 18. 2. 1995 (Bezirke)
7. September 1995 (Haupthaus)

Stella: Gundula Rapsch
Cäcilie: Cornelia Köndgen / Daniela Dadieu
Fernando: Harald Krassnitzer
Lucie: Julia Cencig
Verwalter: Bernhard Hall
Postmeisterin: Renate Olarova
Annchen: Irene Sollat
Bedienter Stellas: Raimund Herbst
Bedienter Fernandos: Robert Castellitz
Postillon: Christian Himmelbauer

Inszenierung: Hannes Fabrick
Bühnenbild: Karin Kosak
Kostüme: Heidrun Fischer

 
„Ein Schauspiel für Liebende“ untertitelt Goethe seine erste Fassung des Stücks aus dem Jahre 1776. Wer sich eine Romanze erhofft, dessen Erwartungen werden bald enttäuscht werden, Denn ein grausames Spiel treibt die Liebe mit den drei Hauptpersonen. ein fast unlösbarer Knoten wird hier von Goethe geknüpft. Ein Mann hat Frau und Kind wegen eines anderen verlassen, kann sich aber zwischen Geliebter und Ehefrau nicht entscheiden, Die Flucht vor den eigenen Gefühlen – die scheinbar nur mehr in der Erinnerung existieren – gelingt ihm ebenso wenig wie den beiden Frauen, Goethe läßt seine drei Hauptfiguren nach Jahren wieder aufeinander treffen. Er konstruiert ein Gefühlsgeflecht. in dem es keinen Schuldigen gibt. Im Gegenteil: Jede der drei beteiligten Personen macht sich erst durch seinen Verzicht wirklich schuldig.
Sie leben im Nachklang einer vergangenen Zeit, die für sie durch die Erinnerung an eine fast paradiesische Liebe verklärt wird. Schwankend zwischen Einst und Jetzt, sind sie nicht in der Lage. die Gegenwart zu bewältigen.
Den autobiographischen Hintergrund zu „Stella“ bildet Goethes Verlobung und Bruch mit Lili Schönemann im Jahre 1775, dem Entstehungsjahr des „Schauspiels für Liebende“.
„Stella“ stellt die Frage nach der Beschaffenheit gesellschaftlicher Normen, nach den konventionellen Regeln menschlicher Beziehungen.
Die erste Fassung der „Stella“ mit einem optimistisch. utopischen Schluß. provozierte das Publikum seiner Zeit durch die Verletzung der gesellschaftlichen Norm. Die Gemeinschaft beider Frauen mit dem geliebten Mann kann aber auch heute noch als männliche Wunschphantasie und kaum als realistische Lösung bezeichnet werden. Die Weimarer Erstaufführung 1806 der „Stella“ erlebte einen vollkommen veränderten Schluß, der das „Schauspiel für Liebende“ zu einer Tragödie werden läßt.
Der heutige Abend präsentiert beide Versionen der „Stella“. Die Frage nach der Möglichkeit einer alles erfüllenden Liebe bleibt unbeantwortet.

 
Pressestimmen

Was wird in dieser Aufführung umarmt und gekost, händegerungen, aufgeschrien! Das ist recht pathetisch, und so war es wohl auch gemeint. Bei allem braven Spiel – ein wenig mehr Esprit hätte man erwarten dürfen.
B. S., Die Presse

Das ist momentweise triftig, manchmal schön. Meistens ist es aber schnöd’.
Ronald Pohl, Der Standard

Regisseur Johannes Fabrick zeigt wenig Mitleid mit dem flatterhaften Helden. Da ist keine Spur von Selbsterkenntnis, wenn Harald Krassnitzer seine Wut über seine eigene Unentschlossenheit hinausbrüllt. Die Sympathie liegt eindeutig auf seiten der Frauen. Wir begleiten eine begeisternde Stella (Gundula Rapsch) auf dem Weg in die Verzweiflung. Cornelia Köndgen verkörpert äußerst glaubhaft den Typ der verständnisvollen Frau, die gelernt hat, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Julia Cencig und Renate Olarova überzeugen mit ihrer sinnlichen Lebensfreude. Ganz auf seine Hauptdastellerinnen vertrauend ist Regisseur Fabrick eine sehr saubere, auf die Sprache konzentrierte Aufführung in einem einfachen, klar strukturierten Bühnenbild (Karin Kosak) gelungen.
Helmut Schneider

Produktionen S