Tausend Rosen
Von Gustav Ernst
Deutschsprachige Erstaufführung
Premiere 14. Dezember 1990
Harry: Bernhard Baier
Gina: Sylvia Haider
Kernstock: Johannes Terne
Rita: Brigitte Swoboda/Hertha Schell
Ginas Mutter: Luise Prasser
Inszenierung: Piet Drescher
Ausstattung: Elisabeth Blanke und Peter Pongratz
Gustav Ernst schreibt mit „Tausend Rosen“ eine Geschichte über Besitzverhältnisse in der Liebe: ein Eifersuchtsdrama, in dem ökonomische und private Besitzverhältnisse eng verflochten sind. Eine Geschichte, deren klägliche Spuren täglich im Lokalteil der Zeitungen zu finden sind, wird auf ihre Ursachen hin untersucht. „Schicksale“ aus dem gewöhnlichen beschädigten Leben als Drama entfaltet.
Die Story ist trivial; und alltägliche Realität. Sie steht fast täglich in der Zeitung. An manchen Tagen mehrfach. Ein Mann erwürgt seine Freundin, weil sie ihn verlassen will, aus Eifersucht, aus Trennungsangst. Den mutmaßlichen Liebhaber der Freundin bringt er gleich mit um. Der Autor gibt der Geschichte und ihren Akteuren nur wenige spezielle, individuelle Züge. Es gibt ein Kind. Es gibt eine „Schwiegermutter“, die für ihre Tochter was Besseres will. Der „Rivale“, der die „Eifersuchtstragödie“ auslöst, hat gar nichts mit der Frau. Die Frau ist als Firmeninhaberin auch die Chefin ihres Lebensgefährten und Mörders: Und: Die Stadt, das Tal, die Gegend, der Tatort, ist durch die Schließung der einzigen Fabrik ökonomisch zum Tode verurteilt. Nur das letzte Detail ist wichtig. Denn Gustav Ernst besteht auf einem engen Zusammenhang, einem Wechselspiel zwischen Liebe und Ökonomie.
„Ein jeder glaubt, man muß nur lieben, damit auch alles andere bestens geht. Aber in Wirklichkeit muß alles andere bestens gehen, damit man auch lieben kann!“ sagt Gina, das spätere Mordopfer.
„Von einem fixen Haus aus hat man die Menschen leichter wechseln können, aber heut muß man das Haus wechseln. Da wäre doch ein fixer Mensch gut, von dem aus man was wechseln könnte“, sagt Harry, der spätere Mörder.
Solche aufflackernde Einsichten können freilich das Verhalten der Figuren nicht ändern, denn das ist ökonomisch bedingt. Gina muß gehen wollen, denn ihre Gartengerätschaft kann in der sterbenden Gegend nicht mehr „bestens gehen“. Harry muß sich an was Fixes klammern, denn anderswo hat er auf dem Arbeitsmarkt längst keine Chance mehr.
Doch Ernsts Stück ist keine Sozialstudie und kein Mitleidsdrama. Eher schon eine bitterböse Satire, dem großen Thema, der allgewaltigen, alles beherrschenden Liebe angemessen.
Der lächerliche Versuch, gierige, kleinliche, narzisstische Wünsche und Gefühle zur Ersatzreligion hochzustilisieren, um dem Druck der tatsächlichen gewaltigen und herrschenden ökonomischen Zwänge standzuhalten, dieser aussichtlose Kampf, zu dem es keine Alternative zu geben scheint, ist das Ziel von Ernsts Satire.
Pressestimmen
Die Inszenierung setzt – mit Erfolg – auf Groteske mit Tempowechseln. Angeregt von Brechtscher Verfremdungstechnik, führen die Schauspieler ihre Figuren vor.
Volksstimme
Das Ensemble des Volkstheaters hatte einen guten Tag. Ihm und der grandiosen Inszenierung ist es zu danken, daß dieses Stück, das eine Aneinanderreihung von Klischees ist, Effekt macht.
Wiener Zeitung
Auf der Therapiecouch des Autors sprechen die Figuren eine realistische Sprache. Das hat Regisseur Drescher nicht kapiert; er läßt die fünf Personen in maniriert-deklamatorischen Ton verfallen, sodaß sie sich selbst nicht ernst zu nehmen scheinen. Und daran hat der Autor keinerlei Schuld.
Wochenpresse