Die Troerinnen
von Franz Werfel
nach der Tragödie des Euripides
Premiere 3. September 1995
Hekuba: Vera Borek
Kassandra: Gundula Rapsch
Andromache: Maria Bill
Menelaus: Thomas Evertz
Helena: Cornelia Lippert
Talthybios: Michael Rastl
Troerinnen: Inge Altenburger, Alexandra Braun, Erika Mottl, Renate Olarova, Hertha Schell, Irene Sollat
Gott: Harald Krassnitzer
Gegengöttin: Magdalena Felixa
Inszenierung und Bühne: Meta Hocevar
Kostüme: Alan Hranitelj
Troja ist nach zehnjähriger Belagerung gefallen. Die Sieger haben geplündert, gebrandschatzt, vergewaltigt und gemordet. Die Stadt ist zerstört, die Männer sind tot. Übriggeblieben sind die Frauen. Gefangene und Beute der Sieger:
Die Königin Hekuba, die ihren Mann, ihren Sohn Hektor und fast alle ihre Kinder verloren hat. Kassandra, die Priesterin des Apoll, die bei der Eroberung von den Griechen geschändet wurde. Andromache, die Witwe des Kriegshelden Hektor. Und Helena, die zu befreien die Griechen einst ausgezogen waren und der sie nun wie die Troer die Schuld am Krieg geben.
Immer wieder kommt der griechische Herold, um den Frauen neue Schreckensbotschaften zu bringen: Hekuba soll dem verhaßten Odysseus als Sklavin dienen, Kassandra dem griechischen Heerführer Agamemnon als Nebenfrau folgen, Andromache Gattin des blutigen Neoptolemos werden, Andromaches und Hektors kleiner Sohn auf Befehl des Odysseus getötet werden, um den Troern keinen Rächer erstehen zu lassen. Nur daß auch Helena, auf Menelaos Geheiß, mit dem Tod büßen soll, erscheint den Troerinnen als Lichtblick
415 vor Beginn unserer Zeitrechnung, also vor 2410 Jahren, schrieb Euripides – kurz bevor sein Land einen aggressiven Eroberungskrieg begann – eine der eindringlichsten und erschütterndsten Warnungen vor dem Grauen des Krieges und dem Hochmut der Sieger. Der Dichter schildert nichts, als daß sich die Qual der Opfer immer steigern, die Hoffnungslosigkeit immer vertiefen läßt, daß die Grausamkeit des Menschen grenzenlos sein kann und die Würde des Menschen unantastbar ist.
1913 nach Christus, kurz bevor sein Land in den Ersten Weltkrieg taumelte, schrieb der junge österreichische Lyriker Franz Werfel seine Nachdichtung der Troerinnen. Ohne die Handlung der euripideischen Tragödie zu verändern, aber mit dem Wissen um über zweitausend Jahre abendländische Geschichte, überträgt Werfel die Trauer der erniedrigten Frauen in die ekstatische Sprache des Frühexpressionismus.
Werfels Nachdichtung der „Troerinnen“ erschien 1914, wenige Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erstmals gedruckt. Die Uraufführung fand 1916 in Berlin statt, die erste Wiener Aufführung 1920 im Burgtheater. Für die Burgtheateraufführung schrieb Werfel einen neuen Prolog, der seine Er-fahrungen im Weltkrieg – der dezidierte Pazifist war als Soldat an der russischen Front eingesetzt – widerspiegelt.
Am 26. August 1995 war der fünfzigste Todestag von Franz Werfel.
Pressestimmen
Könnte aktueller nicht sein. Eine berührende Produktion. Das kollektive Leiden ist es, das Meta Hocevars gelungene Regie dem Publikum in aller zeitlosen Deutlichkeit vor Augen führt.
Kronenzeitung
Eine ganz außerordentliche Aufführung. Regisseurin Meta Hocevar braucht keine vordergründigen Bezüge, um das Leid der Besiegten in einem Krieg auch über eine überhöhte Sprache hinweg absolut selbstverständlich und heutig-wahr zu machen.
Volksblatt
Mit Einfällen aus der Mottenkiste des Staats- und Stadttheaters wird versucht, der pathetisch-bombastischen Sprache Leben einzuhauchen. Eine praktisch unlösbare Aufgabe.
Wirtschaftswoche