Die Vögel
von Gert Jonke
nach Aristophanes
Uraufführung der Neufassung
Premiere 20. Jänner 2002
Gebrat: Gottfried Neuner
Hoffer: Günter Franzmeier
Saftleckerspecht: Roger Murbach
Tereus Wiedehopf: Vera Borek
Prokne Nachtigall: Simon Hatzl
Chorführer: Rolf Schwab
Chor der Vögel: Stefan Bergmann, Petra Friedrich, Sara Livia Krierer, Martin Loos, Markus Moiser, Tanja Petrovsky, Birgit Schraffl, Florian Tröbinger, Markus Hamele, Gabriela Hegedüs
Vogelpriester: Georgi Nikoloff
Poet/Vogelhändler: Alexander Lhotzky
Consulter: Werner Prinz
Erfinder: Wolf Dähne
Iris: Sabine Herget
Vatermörder: Simon Hatzl
Prometheus: Karl Ferdinand Kratzl
Poseidon: Wolf Dähne
Triballer: Alexander Lhotzky
Herakles: Werner Prinz
Basilea: Sabine Herget
Zeus Josepf Zöhrer
Inszenierung: Georg Staudacher
Bühne: Georg Lindorfer
Kostüme: Doris Homolka
Choreographie, Musik: Chris Haring
Musikalische Einstudierung: Karl-Michael Ebner
Aristophanes, mit den politischen Verhältnissen in seiner Heimatstadt unzufrieden, lässt in seiner Komödie „Die Vögel“ zwei Athener Landsleute auf der Suche nach einem lebenswerteren Leben zu den Vögeln reisen und mit ihnen die Stadt Wolkenkuckucksheim gründen. Eine, wenn man so will, vorutopische Utopie. Für Gert Jonke sind Vögel häufig Zielfiguren und Möglichkeitswesen, Chiffre für Grenzüberschreitung und Utopie. Beinahe logisch, dass der Theaterdichter Jonke sich der aristophaneischen Komödie annehmen, sie sich aneignen musste. Beinahe ebenso logisch, dass eine solche Aneignung einer in jeder Hinsicht fremden, weil 2415 Jahre alten Phantasie nicht in einem Zug erfolgen kann. So führte die Absicht des Volkstheaters, das Stück zu spielen, nicht nur zu einer völligen Überarbeitung, sondern zumindest im zweiten Teil zu einer Neuschöpfung des Stücks, in der die Figuren der griechischen nun zu Figuren der Jonkeschen Mythologie geworden sind und die Einverleibung, Einversprachlichung des alten Stoffes ein entscheidendes Stück weitergetrieben ist. In der Produktion des Volkstheaters werden einander die Spracheskapaden des Staatspreisträgers Jonke und der trashige Realismus des jungen Nestroy-Preisträgers Georg Staudacher begegnen.
Pressestimmen
20. Jänner 2002: ein Theaterskandal. In seiner vollen politischen Breitseite hat ihn aber nur die Hälfte des Publikums mitbekommen – die andere war zur Pause geflüchtet. Diesmal machte sich das genasführte Publikum Luft. Es war zu einem altgriechischen Klassiker gekommen, neu gefasst vom als Sprachmusikant berühmten Gert Jonke. Es wurde mit Kleingags genervt und mit politischer Agitation verprellt.
„Himmelblau“ heißt in Gert Jonkes Eindeutschung, Adaption die manierliche Stadtstaatsutopie „Wolkenkuckucksheim“. „Himmelblau“ aber ist im Volkstheater-Finale ein FPÖ-Terrorstaat .
Hans Haider, Die Presse
Nur in der schrägen Ouvertüre, in den schrägen Intermezzi vermittelt die Aufführung Spielfreude, da blüht Farbe auf, da darf gelacht werden, da entfaltet das fantasiereiche Bühnenbild große Qualitäten als Turngerät und Unterhaltungsmaschine. Aber mit welchem Ziel? Deutlich klarer ist Jonkes Tendenz. Seine Fassung der „Vögel“ mündet nicht in einem erlösenden Freistaat, sondern in borniertem, provinziellem Chauvinismus. Anklänge an hiesiges innenpolitisches Geschehen waren dezent, aber greifbar.
Alfred Pfoser, Salzburger Nachrichten
Jede Utopie schleppt die Realität mit, meint Jonke in seinem Stück, und Regisseur Georg Staudacher greift zu kurz in der politischen Farbsymbolik und inszeniert eine Paraphrase auf einen von Bad Goisern ins Carinthische ausgewanderten Politpopstar, der sich bei neoliberaler Grundhaltung als besserer Revolutionär und Arbeiterführer stilisiert.
Der Jonke’sche Sprachwitz, seine poetischen Bilder gingen platterdings unter der regielichen Dampfwalze verloren.
Reinhold Reiterer, NEWS
Gert Jonke, dessen Sätze ausgreifende Fantasielinien am Poesiehimmel sind, hat seine Vögel-Neudichtung auch beim zweiten, in immer steileren Bögen gelenkten Anflug von allen gemein-politischen Anspielungen säuberlich gereinigt gehalten.
Natürlich ist der anreisende Auskunftsgeber Gebrat (Gottfried Neuner) im zweituraufführenden Volkstheater der Abkömmling einer zerfallenden Gattung. Er und sein Spießgeselle Hoffer (Günter Franzmeier) erscheinen als Leistungsverweigerer, komplett mit Klobrillenbart, Ohrenfellmütze und Walkjanker, unter dem das Hawaii-Hemd schlottert, welches die Sehnsucht nach Ferne versandhausfarben verbürgt.
Doch mit der politischen Zielbestimmung ist Regisseur Staudacher auch der Rest des Stückes abhanden gekommen: alles also.
Ronald Pohl, Der Standard
Mit wenig Applaus und lauten Buh-Rufen für Stück wie Regie quittierte das Publikum „Die Vögel“, die Regisseur Georg Staudacher zu einer billig-plakativen Revue verkommen ließ. Zwischen bemühter Rezitation der Jonke’schen Wortkaskaden und peinlich-trivialen Zugeständnissen an die so genannte „Spaßgesellschaft“ wühlen Staudacher und leider auch Jonke tief im heimischen Polit-Müll.
Peter Jarolin, Kurier
Die Inszenierung beginnt – noch bevor der erste Satz fällt – mit einem Overkill an Regie-Einfällen, bleibt dann aber über weite Strecken ungewöhnlich ideenlos. Die Aufführung hat keinen Rhythmus und keinen Stil, weshalb man Peinlichkeit und Witz nicht unterscheiden kann.
Falter
Dass die Schauspieler an so einem Abend – mit Asunahme von Vera Borek und Günter Franzmeier – blass erscheinen, dürfte auch in engem Zusammenhang mit der flugmüden Fantasie der Regie stehen.
Christiane Dobretsberger, Wiener Zeitung