1992/93
Haupthaus

Was ihr wollt
von William Shakespeare
(Deutsch von August Wilhelm Schlegel, Fassung für das Volkstheater)

Premiere 19. Februar 1993
Wiederaufnahme Spielzeit 1993/94

Mit Vera Borek (Olivia), Wolf Dähne (Curio), Erwin Ebenbauer (Bleichenwang), Andrea Eckert (Viola), Thomas Evertz (Sebastian), Uwe Falkenbach (Valentin), Hannes Gastinger (Malvolio), Robert Hauer-Riedl (Orsino), Heinz Petters (Narr), Albert Rolant (Antonio), Ronald Seboth (Schiffshauptmann), Hilde Sochor (Maria), Rudolf Strobl (Rülp)

Inszenierung: Emmy Werner
Bühnenbild: Werner Hutterli
Kostüme: Dorothea Wimmer
Musik: Flora St. Loup

 
„Twelfth Night, or What You Will“ entstand wohl 1601, nicht lange vor „Hamlet“. Der Titel „Die zwölfte Nacht“ (oder „Der Dreikönigsabend“) wurde im Deutschen früh fallengelassen, da die karnevalsartigen Festivitäten der Dreikönigsnacht, in der die Standesunterschiede aufgehoben waren und das Unterste nach oben gekehrt wurde, hier nicht mehr bekannt waren.
Neben der archaischen und auch anarchischen Lebensfreude des Dreikönigsspaßes faszinierte an „Was ihr wollt“ immer die Lust, mit der anmaßende Vorspiegelungen zerstört wurden: Olivias als Trauer getarnte Herrschsucht, Bleichenwangs vergebliches Streben nach Vornehmheit und Ritterlichkeit, Tobias Rülps verwandtschaftliches Schmarotzertum, Antonios in Besitzdenken verstrickte Freundschaft und vor allem Malvolios hinter Würde und Anstand versteckte Gier nach sozialem Aufstieg; vielleicht ist auch Orsinos schon endlose Werbung um die unerreichbare Geliebte nur Tarnung von Langeweile und melancholischem Lebensüberdruß.
Doch zuerst und vor allem ist „Was ihr wollt“ ein Stück über die Liebe: Über die Ambivalenz der Gefühle und erotischen Neigungen, über Liebe als Besitzgier und Abhängigkeit, über Liebe als narzistische Verliebtheit in die Liebe, über Liebesangst und Liebesverweigerung, aufgestaute Liebessehnsucht, Liebe als nacktes, lustvolles Begehren und über die selbstlose Liebe, der einzig und allein Viola dem Herzog gegenüber fähig ist.
Seine große Metapher über Liebe und Liebeswahn schuf Shakespeare aus den einfachen Grundmustern der Verwechslungskomödie. Wenn am Ende die Irrtümer aufgeklärt sind, die Ordnung wieder hergestellt ist und die „richtigen“ Paare zusammengefunden haben, die „Natur ihrem Zug“ gefolgt ist, ist da nicht nur ein happy end, sondern auch ein Erwachen aus dem Phantasiereich der Liebe, in dem so vieles möglich gewesen wäre.

 
Pressestimmen

Dem Wiener Volkstheater gelingt im Moment fast alles. Emmy Werner hat diese schönste aller Shakespearekomödien mit Witz und Poesie in Szene gesetzt. Ein mehr als taugliches Shakespeareensemble.
Kronen Zeitung

Eine unprätentiöse und nicht zuletzt deshalb in den lyrischen Szenen berührende, in den Rüpelszenen unterhaltende, von A bis Z komödiantische Aufführung, die Tempo hat, Witz und Leichtigkeit. Ohne Respekt vor William Shakespeares Werk mischt sie, wohldosiert, Vordergründiges und leise Töne, Witz und Tiefe.
Die Furche

Die Aufführung hat gesammelten Ernst, wo dieser angebracht ist, und funkelnde Heiterkeit. Ein Sieg im Zeichen Shakespeares.
Neue Zeit

Der überlange Abend hat keinen Rhythmus, wenig Stimmung, zuviel Leerlauf und kaum sichtbaren Denkansatz.
Neues Volksblatt

Emmy Werner hat sich auf ein heikles Besetzungsexperiment eingelassen. Außer dem Zwillingspärchen sind fast alle Protagonisten „Veteranen“. Der Effekt: Das glitzernd-turbulente Verwechslungsspiel erhält einen leisen druchdringenden Mollton.
Die Presse

Von deftigem Witz und zarter Melancholie ist Shakespeares Komödie geprägt. Werner wird diesen Facetten gerecht und trägt als zusätzliche Schicht einen Hauch parodistischer Ironie gleich einer transparenten Lasur über dem Gesamtbild auf, indem fast alle Rollen um einiges zu alt besetzt sind.
Tiroler Tageszeitung

Kein Wunder, daß sich bei so viel angesammelten Jahren manchmal ein erhebliches Quantum an melancholischer Müdigkeit breitmacht. Um so grotesker, spleeniger und radikaler hebt sich davor der Wunsch ab, doch noch vor dem nahenden Alter zu einem Ehepartner zu kommen. Statt reife Abgeklärtheit, so Emmy Werners Botschaft, bringt das Alter nur um so wahnwitzigere Liebesbedürftigkeit hervor.
Salzburger Nachrichten

Der meiste Liebestand in Werners Hand, der mehr als drei Stunden lang eine schlichte, runde Bühne aus Laub und Blautönen (Werner Hutterli) beleben soll, bleibt Oberfläche. Es ist der Regisseurin nicht gelungen, diesen Shakespeare zu organisieren. Und wahrscheinlich war das sogar volle Absicht. Der Applaus gab ihr recht.
OÖ Nachrichten

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