1990/91
Haupthaus |
Die Dreigroschenoper Premiere 20. März 1991 Mit Inszenierung Piet Drescher Die „Dreigroschenoper“ wurde sofort nach der Uraufführung 1928 zum Erfolgs- und Skandalstück; zum Welterfolg; zum Klassiker. Für den Skandal sorgten hauptsächlich die Nazis, die lautstark randalierten, wo immer die „Dreigroschenoper“ gespielt wurde, aber auch Plagiatsvorwürfe gegen Brecht und ein Prozeß gegen die Verfilmung. Applausstürme wie lange nicht, und das völlig begründet: Drescher putzte den alten Hut neu auf. Jubel – Trubel – Heiterkeit. Der runde, schauspielerisch und musikalisch gelungene Abend mündet zum Schluß in ausufernden Pomp. Kluges, witziges Theater, eine bizarre Revue voller Überraschungen – eine brillante Inszenierung behauptet sich gegen alle Vorbilder. Bertolt Brechts Dreigroschenoper im Volkstheater ist so sehr von Kurt Weill wie schon lange nicht. Songs sind zu hören, die an Sprechbühnen zumeist unterschlagen werden, die Opernparodie ist nicht zu überhören. Das Kesse und das Schmalz wohnen in Piet Dreschers Insznierung eng beisammen. Im Volkstheater hat man sich entschlossen, wirklich zu singen. Ein richtiges Orchester sitzt im Graben, ein ausgezeichneter Chor setzt beachtliche Akzente. Uwe Lohse hat dem Ensemble gewaltige Leistungen abverlangt. … Charakter hat Vera Borek als Spelunken-Jenny, die Mischung aus Resignation, Lust nach Leben, Opfer der Verhältnisse und Wunsch nach Selbstbestimmung ist sehenswer. Piet Drescher scheute sich nicht vor großen Gesten, massenhaften Auftritten, ausgefallener Dekoration, barocken Maschinentheatereffekten (Bühne: Helmut Stürmer) Einmal wurde Brecht nicht verfremdet, sondern mit zeitgemäßen Miteln ins rechte Licht gerückt. Und auch das opulent besetzte Orchester exerzierte nicht den V-Effekt des V-Effekts vor und schrägte Kut Weills Musik nicht ins Uferlose ab. Als am Ende – wohl ganz im Sinne Brechts – eine Art plüschiger Phantom-der-Oper-Vorhang fällt, durch den der rettende reitende Bote kommen soll, fühlt sich der Rezensent in seinen Vermutungen bestätigt: Er war in der „Dreigroschen-OPER“. Die Polly ist Gabriele Schuchter, eine halbkindliche Lolita, die so lange Süßes singt, bis sie eiskalt nach Geld und Macht langt. Wie Gabriele Schuchter das durchhält, wie musikalisch sie mit der unendlichen Schwierigkeit ihrer Trillertöne fertig wird, wie komisch sie auch immer dann ist, wenn sie es sein darf, das allein würde ausreichen, den sehr lärmend bejubelten Abnd sehenswert zu machen. Unter den Darstellern seien vor allem der mehr durch sachliche Überlegenheit denn durch verführerischen Charme gekennzeichnete, nicht mehr ganz junge Mackie Messer von Georg Trenkwitz, Gabriele Schuchter als zwitschernde Polly und Judith Keller als deren Rivalin, beide auffallend durch ihre gesanglichen Leistungen, sowie der ungewohnt junge Peachum von Erwin Ebenbauer hervorgehoben. Die Inszenierung, die sich durch starken „drive“ und auffallende Spielfreude auszeichnete, konnte allerdings nicht übersehen lassen, dass Brechts vielelicht bekanntestes Bühnenwerk schon Rost angesetzt hat." Der Mond schimmert über Soho, die liebliche Braut strahlt ganz in Weiß, die Rosen glühen rot, das blumenbekränzte Brautbett schwebt sanft in den sternfunkelnden Himmel. Und der Verstand setzt aus, das Wahre, Gute und Schöne scheint greifbar, das Böse zum Untergang bereit. |