1990/91
Haupthaus

Die Dreigroschenoper
von Bertolt Brecht und Kurt Weill

Premiere 20. März 1991

Mit
Georg Trenkwitz (Macheath) und Vera Borek (Spelunken-Jenny), Erwin Ebenbauer (Peachum), Uwe Falkenbach (Pastor Kimball), Robert Hauer-Riedl (Münz Matthias), Manfred Jaksch (Bettler), Judith Keller (Lucy), Adolf Lukan (Tiger Brown), Roger Murbach (Smith), Brigitte Neumeister (Mrs. Peachum), Werner Prinz (Trauerweiden Walter), Klaus Rohrmoser (Jimmy), Aris Sas (Ede), Andreas Schlager (Filch), Gabriele Schuchter (Polly Peachum), Ronald Seboth (Säge Robert), Gerhard Steffen (Hakenfinger Jakob), Peter Vilnai (Konstabler) und
Inge Altenburger, Vicky Gabriel, Dieter Hermann, Wolfgang Lesky, Walter Ludwig, Henriette Maier, Judith Matiegowsky, Bettina Ratschew, Hertha Schell, Hans Steunzer
Chor Rossita Brodtrager, Rizan Felnner, Thomas Jaksch, Angela Murbach, Renate Müller/Anneliese Pfeiffer, Markus Punderlitschek, Sandra Schweighofer-Cooper und der 2. Jahrgang der Schauspielschule Volkstheater
Orchester: Dimiter Anguelov, Alexander Cachée, Wolfgang Eipeltauer, Christian Sauer, Hubert Siman, Nikolaus Simion, Roland Weber, Gertraud Winkelbauer-Zourek, Roland Wirth

Inszenierung Piet Drescher
Künstlerische Mitarbeit und Musikalische Einstudierung: Uwe Lohse
Bühne Helmut Stürmer
Kostüme Katharina Eberstein
Musikalische Leitung Alexander Drcar

Die „Dreigroschenoper“ wurde sofort nach der Uraufführung 1928 zum Erfolgs- und Skandalstück; zum Welterfolg; zum Klassiker. Für den Skandal sorgten hauptsächlich die Nazis, die lautstark randalierten, wo immer die „Dreigroschenoper“ gespielt wurde, aber auch Plagiatsvorwürfe gegen Brecht und ein Prozeß gegen die Verfilmung.
Für den Erfolg sorgten die Songs. Von einem „Erfolg, groß wie nur der einer Operette“, berichtet Adorno. Er verführe „zum Glauben, mit einfachen Mitteln, in purer Verständlichkeit sei hier schlicht die Operette gehoben und für edlen Bedarf eines wissenden Publikums genießbar gemacht, das sich nicht zu langweilen braucht, Ohne doch der Kurzweil sich schämen zu müssen“. Doch Adorno warnte auch vor dein Mißverständnis: „Viele Wege hat die Gesellschaft, mit unbequemen Werken fertig zu werden. Sie kann sie ignorieren, sie kann sie kritisch vernichten, sie kann sie schlucken, so, daß nichts mehr davon übrig bleibt. Die Dreigroschenoper hat ihr zum Letzten Appetit gemacht. Indessen, es ist noch die Frage, wie ihr die Mahlzeit bekommt. Denn noch als Genußmittel bleibt die Dreigroschenoper gefährlich ...„
Der „Kanonensong“ war 1928 aktuell. Er ist es heute wieder. Wann war er es nicht? Und wer dächte bei den Geschäften des Herrn Peachum nicht an gewisse suspekte Geschäfte mit der Wohltätigkeit hier und heute, wem fiele zu korrupten Machtträgern nichts ein?
Doch es sind nicht die Aktualitäten, die die „Dreigroschenoper“ aktuell oder gar gefährlich machen. Es ist die Verführung zum anscheinend leichten Konsum der anscheinend so eingängigen Musik und die Verweigerung des Wohlklangs, der Harmonisierung in dieser Musik. Es ist die Ironie des Textes und der Musik und beider zusammen ‚ die „gefährlich“ ist, weil sie jede Sentimentalität zersetzt und jedes schnelle Einverständnis zurückweist.

 
Pressestimmen

Applausstürme wie lange nicht, und das völlig begründet: Drescher putzte den alten Hut neu auf. Jubel – Trubel – Heiterkeit.
Sender Freies Berlin

Der runde, schauspielerisch und musikalisch gelungene Abend mündet zum Schluß in ausufernden Pomp.
profil

Kluges, witziges Theater, eine bizarre Revue voller Überraschungen – eine brillante Inszenierung behauptet sich gegen alle Vorbilder.
Kronenzeitung

Bertolt Brechts Dreigroschenoper im Volkstheater ist so sehr von Kurt Weill wie schon lange nicht. Songs sind zu hören, die an Sprechbühnen zumeist unterschlagen werden, die Opernparodie ist nicht zu überhören. Das Kesse und das Schmalz wohnen in Piet Dreschers Insznierung eng beisammen.
Kurier

Im Volkstheater hat man sich entschlossen, wirklich zu singen. Ein richtiges Orchester sitzt im Graben, ein ausgezeichneter Chor setzt beachtliche Akzente. Uwe Lohse hat dem Ensemble gewaltige Leistungen abverlangt. … Charakter hat Vera Borek als Spelunken-Jenny, die Mischung aus Resignation, Lust nach Leben, Opfer der Verhältnisse und Wunsch nach Selbstbestimmung ist sehenswer.
Neue Zeit, Berlin

Piet Drescher scheute sich nicht vor großen Gesten, massenhaften Auftritten, ausgefallener Dekoration, barocken Maschinentheatereffekten (Bühne: Helmut Stürmer) Einmal wurde Brecht nicht verfremdet, sondern mit zeitgemäßen Miteln ins rechte Licht gerückt. Und auch das opulent besetzte Orchester exerzierte nicht den V-Effekt des V-Effekts vor und schrägte Kut Weills Musik nicht ins Uferlose ab. Als am Ende – wohl ganz im Sinne Brechts – eine Art plüschiger Phantom-der-Oper-Vorhang fällt, durch den der rettende reitende Bote kommen soll, fühlt sich der Rezensent in seinen Vermutungen bestätigt: Er war in der „Dreigroschen-OPER“.
Arbeiter-Zeitung

Die Polly ist Gabriele Schuchter, eine halbkindliche Lolita, die so lange Süßes singt, bis sie eiskalt nach Geld und Macht langt. Wie Gabriele Schuchter das durchhält, wie musikalisch sie mit der unendlichen Schwierigkeit ihrer Trillertöne fertig wird, wie komisch sie auch immer dann ist, wenn sie es sein darf, das allein würde ausreichen, den sehr lärmend bejubelten Abnd sehenswert zu machen.
Die Presse

Unter den Darstellern seien vor allem der mehr durch sachliche Überlegenheit denn durch verführerischen Charme gekennzeichnete, nicht mehr ganz junge Mackie Messer von Georg Trenkwitz, Gabriele Schuchter als zwitschernde Polly und Judith Keller als deren Rivalin, beide auffallend durch ihre gesanglichen Leistungen, sowie der ungewohnt junge Peachum von Erwin Ebenbauer hervorgehoben. Die Inszenierung, die sich durch starken „drive“ und auffallende Spielfreude auszeichnete, konnte allerdings nicht übersehen lassen, dass Brechts vielelicht bekanntestes Bühnenwerk schon Rost angesetzt hat."
Neue Zürcher Zeitung

Der Mond schimmert über Soho, die liebliche Braut strahlt ganz in Weiß, die Rosen glühen rot, das blumenbekränzte Brautbett schwebt sanft in den sternfunkelnden Himmel. Und der Verstand setzt aus, das Wahre, Gute und Schöne scheint greifbar, das Böse zum Untergang bereit.
Nur spielen tun sie’s nicht.
Der Mond ist getürkt, ein simpler Scheinwerfer, das Bett baumelt an der Decke einer Lagerhalle und ist wie der Kristallluster und der Champagner gestohlen: der Bräutigam ist ein Verbrecher, die Braut aufs Geld aus und das ganze ein Theatercoup.
Die Welt ist eben schlecht, das wissen wir, aber auf so amüsante Weise wie Piet Drescher hat uns das noch selten einer gesagt.
Wochenpresse

Produktionen D