1992/93
Haupthaus |
Die schöne Helena Koproduktion mit den Wiener Festwochen 1993 Premiere 11. Juni 1993 Helena: Gabriele Schuchter Inszenierung: Nick Broadhurst Zeitsatire in antiker Verkleidung: Indem Jacques Offenbach und seine kongenialen Textdichter Henri Meilhac und Ludovic Halèvy in ihrer burlesken Oper „Die schöne Helena“ ein frivoles Travestiespiel mit dem klassischen Mythos der Helena-Entführung betrieben, entwarfen sie zugleich ein unverkennbar kritisches Sittenbild ihrer Epoche, der Herrschaft Napoleons III. in Frankreich. Die parodistisch pointierte Abwandlung der Sage vom siegessicheren Verführer Prinz Paris, dem beim Adonis-Fest zu Sparta das Herz der sinnlich entflammten Weltschönheit Königin Helena zufliegt, zeigt gleich im ersten Akt die politische Kaste der Griechenfürsten als geistig und moralisch abgewirtschafteten Machtclan, der bei der harmlosesten Bildungsolympiade kläglich versagt. Später, im zweiten Akt, wird in der Spielwut der Regierenden der hemmungslose Materialismus und die rauschhafte Genußsucht einer Herrschaftsschicht karikiert, die auf Kosten des Volkes praßt und sich eine Priesterschaft hält, die ihr an List und Verkommenheit in nichts nachsteht. So können Paris und die im Liebestaumel schwebende Helena mit Hilfe des korrupten Priesters Kalchas ziemlich ungehindert ihre amüsierlüsterne Flucht aus Sparta ins Werk setzen: indem Paris Helenas vertrottelten Gatten Menelaus auf Befehl der Götter nach Kreta schicken läßt und der Prinz selbst, nach Menelaus‘ unvermittelter Rückkehr, Helenas Entführung am Strand von Nauplia in priesterlicher Verkleidung vornimmt. – Das Stück, in dieser Inszenierung mit Images der heutigen Bilderwirklichkeit erzählt, zeigt eine satte, selbstzufriedene Wohlstandswelt, die sich den Reichtum, mit dem sie prunkt, auf Kosten der Armenseite der Welt geleistet hat. Und die damit auf frappante Weise dem Zeitgeist von heute gleicht. Virtuoses Spiel auf der Klaviatur höheren Blödsinns. So ist Offenbach scharf und brennheiß. Der Berichterstatter lacht noch immer Tränen. Es ist witzig, es ist lustig, es ist nett; die ‚Schöne Helena’ ist durchaus eine empfehlenswerte Produktion. Aber insgesamt fehlt ihr doch die Stringenz, nur beizeiten kommt sie in Schwung. Offenbach geht den Bach runter, wenn Hellas’ Helden baden gehen. |