1991/92
Haupthaus frontal |
Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte Premiere 8. März 1992 Mit Inszenierung: Emmy Werner Einfach ein Erfolg. Emmy Werner hat mit Witz und Aggressivität inszeniert. Mit viel Witz und glänzenden Einfällen das Maximum herausgeholt. Die Hauptfigur ist in fünf Charaktere gesplittert, die gemäß Noras unterschiedlichen Facetten, von fünf sehr unterschiedlichen Darstellerinnen verkörpert werden: Gabriele Schuchter ist das kokette Püppchen, das naiv Befreiung durch Arbeit sucht und bald enttäuscht ist, Babett Arens die Femme fatale, die sich den nächstbesten reichen Mann angelt, Cornelia Lippert die neuerlich zum Heimchen gewordene Nora, die brutal verschachert wird, Beatrice Frey die Domina, die Rache zu üben beginnt, Andrea Eckert die alternde, für die Männerwelt an Wert verlierende Frau. Freilich kann man auf diese Weise das fabelhafte Frauenensemble des Volkstheaters bewundern. Jede einzelne der Darstellerinnen wäre imstande, die ganze Rolle zu erspielen. Die Aufteilung der Nora-Rolle in fünf Frauen erhöhte zwar die Künstlichkeit dieser Figur, verlor aber durch die unterschiedliche schauspielerische Qualität an Spannung. Emmy Werner hat Nora fünffach (und fünffach glänzend) besetzt. Das soll man nicht als Regie-Gag mißverstehen, das hat Format. So entgeht Werner geschickt der Gefahr, aus Jelineks Nora ein Charakterfach zu zimmern, das sie nicht ist. So können die großartig aufeinander abgestimmten Noras Gabriele Schuchter, Babett Arens, Cornelia Lippert, Beatrice Frey und Andrea Eckert in jeweils zwei, drei Star-Auftritten die Facetten der Opferrolle bis zu faszinierender Unerträglichkeit parodieren. Im traurig-komischen Männerfach brillieren Johannes Terne als gefühlsstumpfer Investor und – was für eine Freude! – Toni Böhm als verklemmter Masochist. Ein Beweis, daß Jelineks Röntgenbild von Ibsens „Puppenheim“ – dessen Gebrauchswert von den Theatern kaum zur Kenntnis genommen wurde – auch über Tauschwert verfügt: Denn wenn alles mit rechten Dingen zugeht, müsste „Was geschah“ ein ähnlicher Publikumserfolg beschieden sein wie der „Dreigroschenoper“. Die Idee, die Rolle der Nora auf fünf Schauspielerinnen aufzuteilen, ist schlüssig; und die Mittel der Revue werden so lange zur Unterhaltung eingesetzt, bis die Grenzen choreographischer Perfektion erreicht sind: Dann wird alles schnell parodistisch unter Anführungszeichen gesetzt und damit auch noch politischer Hintersinn ins Geschehen geschmuggelt Jelineks „Nora“ im Volktheater (Ausstatung: Mimi Zuzanek, Choreographie: Blanka Modra, musikalische Einrichtung: Michael Kienzl) mutet zeitweise wie ein satirisches Musikpotpourri an. Geschickt werden da ölige Klaviertöne arrangiert, die durch jähe, schrille Violintöne durchbrochen werden. In dieser Kontrapunktik setzt die Aufführung Akzente, bekommt sie Rhythmus.“ |