1999/2000
Haupthaus |
Der Weltverbesserer Österreichische Erstaufführung Premiere 16. Jänner 2000 Weltverbesserer: Wolfgang Hübsch Inszenierung: Michael Gruner Gebrechlich, schwerhörig und misanthropisch erwartet der Verfasser des in 38 Sprachen übersetzten „Traktats zur Verbesserung der Welt“ die Verleihung des Ehrendoktorats der örtlichen Universität … Der „Weltverbesserer“, der längst nicht mehr an die Verbesserung der Welt durch die Philosophie glaubt („Wir können die Welt nur verbessern/ wenn wir sie abschaffen“), verkörpert wie keine andere Dramenfigur Bernhards die tragischen und höchst komischen Widersprüche, die das Werk des Autors thematisiert. Thomas Bernhard ist für das Volkstheater mit dieser österreichischen Erstaufführung erobert. Die Figur ist einfach hinreißend: kahlköpfig, quallig und mit verbiesterter Miene sitzt der Weltverbesserer in Unterhosen in seinem Ledersessel und kuschelt sich wohlig in seinem Abscheu vor der Welt. Aufsässig gibt er seiner Lebensgefährtin (Vera Borek) Anweisungen, quält und erniedrigt sie. Dieses von Weltekel getränkte Monster macht Hübsch in aller Krakenhaftigkeit lebendig. Eine dichte Aufführung, für die Peter Schulz eine wunderbar karge Ausstattung und eine sensationelle Maske für Wolfgang Hübsch geschaffen hat. Michael Gruners Regie gibt sich unspektakulär, was ihr keineswegs zum Nachteil gereicht. Sie bleibt ganz nah am Dichterwort, setzt ihren Ehrgeiz in Personenzeichnung, achtet auf die musikalische Struktur des Textes. Das Ergebnis wirkt ebenso sehens- wie hörenswert. Wolfgang Hübsch raunzt und schikaniert nach Herzenslust, läßt sich seine absolutistischen Verdammungsurteile über die „Weltkloake“ auf der Zunge zergehen. Die Urheberschaft an seinem „Traktat zur Verbesserung der Welt“ glaubt man ihm sofort. Verdreht Vera Boreks „Frau“ die Augen zum Himmel, ist das weniger der Verzweiflungsblick einer Gequälten als halbironisches Einverständnis mit wem immer da oben: Was soll man mit dem Altersnarren machen? Weiter dienen. So bekommt der „Weltverbesserer“ plötzlich fast märchenhafte Züge. Dass im Volkstheater keine Stimmung aufkommen kann, liegt an der fantasie- und witzlosen Inszenierung von Michael Gruner. Dem Regisseur fällt zu Bernhard nichts ein. Keine (wenn auch lächerliche) Größe, keine Kraft, kein Impetus, auch kein ätzender Witz. Bernhard ohne Gift und Galle – da bleibt wenig übrig. |